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Wesensveränderungen

Wesensveränderungen durch Demenz zählen zu den belastendsten Begleiterscheinungen der Erkrankung, für die Betroffenen ebenso wie für ihre Angehörigen. Der Umgang damit erfordert Verständnis, Geduld und Einfühlungsvermögen.

Die Persönlichkeit beschreibt das typische Muster des Denkens, Fühlens und Handelns eines Menschen. In der Psychologie wird sie häufig mithilfe des sogenannten Big-Five-Modells erfasst: 

  • Kontrolle der Emotionen (Neurotizismus)
  • Geselligkeit und Optimismus (Intro- oder Extraversion)
  • Offenheit für Erfahrungen (Wissbegierde, Experimentierfreudigkeit)
  • Verträglichkeit (Neigung zur Zusammenarbeit und Empathie)
  • Gewissenhaftigkeit (Disziplin und Leistungsbereitschaft)

Studien zeigen, dass sich diese Persönlichkeitsmerkmale im Laufe des Lebens verändern können, etwa durch Lebenskrisen, Alter oder neue Rollen. Bei Demenz jedoch entstehen tiefgreifendere Veränderungen nicht als Anpassung, sondern als Folge krankhafter Prozesse im Gehirn.

Wesensveränderungen durch Hirnschädigung

Verschiedene Bereiche des Gehirns, insbesondere das limbische System und der präfrontale Kortex, steuern emotionale Reaktionen und Verhalten. Werden diese durch Krankheiten wie einen Schlaganfall, Unfall oder Demenz geschädigt, kann das zu starken Persönlichkeitsveränderungen führen, wie beispielsweise:

  • Geringe Frustrationstoleranz
  • Emotionale Labilität, Apathie oder unkontrollierte Wutausbrüche
  • Witzelsucht oder Enthemmung
  • Soziale Normverstöße, etwa Vernachlässigung der Körperpflege
  • Störungen des Denkens oder der Sprachproduktion
  • Fehlende Krankheitseinsicht

Wesensveränderungen durch Demenz

Besonders ausgeprägt sind solche Veränderungen bei der Frontotemporalen Demenz. Bereits früh zeigen sich auffällige Verhaltensweisen wie exzessives Essen, enthemmte Sprache oder Gleichgültigkeit gegenüber Mitmenschen.

Bei Alzheimer oder vaskulärer Demenz treten Wesensveränderungen meist schleichend auf. In der Anfangsphase äußern sich die Veränderungen oft in Form von Angst, Reizbarkeit oder Rückzug. Im weiteren Verlauf zeigen sich Aggressionen, Misstrauen oder ungewohnte emotionale Reaktionen, häufig als Ausdruck tiefer Verunsicherung.

Für Angehörige kann es schmerzhaft sein, wenn ein ehemals lebensfroher Mensch still wird, oder eine sanftmütige Person plötzlich Wutanfälle bekommt. Doch hinter dem Verhalten stehen oft Überforderung, Orientierungslosigkeit oder Hilflosigkeit. Das Verhalten ist oft der einzige verbleibende Weg, sich mitzuteilen.

Deshalb ist es wichtig, diese Veränderungen nicht als Rückbildung des „wahren Wesens“ zu deuten. Der Mensch bleibt über die gesamte Krankheitsdauer „er selbst“, mit all seinen Eigenarten und Bedürfnissen.

Strategien im Umgang mit Wesensveränderungen

  • Empathie und Geduld: Versuche, die Situation aus Sicht der betroffenen Person zu verstehen, auch wenn ihr Verhalten irritierend wirkt.
  • Klare Kommunikation: Nutze einfache Sprache, kurze Sätze, langsames Sprechen und achte auf Körpersprache.
  • Struktur und Routine: Ein geregelter Tagesablauf gibt Halt und Orientierung.
  • Flexibilität: Passe dich dem emotionalen Zustand der betroffenen Person an.
  • Beruhigung und Ablenkung: Musik, Spaziergänge oder vertraute Tätigkeiten helfen oft in belastenden Momenten.
  • Respekt: Korrigiere nicht, sondern nimm ernst, was der andere empfindet.
  • Fachliche Hilfe: Gerontologen, Psychologen oder Sozialdienste unterstützen professionell.
  • Selbstfürsorge für Angehörige: Gönne dir Pausen, sprich mit anderen und suche Entlastung.
  • Medikamentöse Unterstützung: In Absprache mit einem Arzt kann gezielte medikamentöse Behandlung sinnvoll sein.
  • Wissen aneignen: Je besser du die jeweilige Demenzform verstehst, desto sicherer wirst du im Umgang mit Veränderungen.

Fazit: Jeder Mensch ist einzigartig

Die Ausprägung von Wesensveränderungen unterscheidet sich von Person zu Person. Deshalb ist ein individueller Ansatz besonders wichtig. Beobachte genau, was gut funktioniert und was nicht. So entwickelst du ein Gespür dafür, wie du den Menschen mit Demenz am besten begleiten kannst.

© demenzworld/Kompetenzzentrum Demenz Schleswig Holstein/Desideria

Weitere Fragezeichen im Kopf?

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Angehörigenseminare

Die kostenfreien Seminare vermitteln Wissen, bieten Raum zum Austausch und geben Sicherheit im Umgang mit dem an Demenz erkrankten Familienmitglied.

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