
Angst
Angst bei Demenz ist ein häufiges Symptom und begleitet viele Betroffene durch den Alltag. Angehörige und Pflegende können mit Nähe, Wertschätzung, Validierung, Aromatherapie und weiteren Formen der Zuwendung helfen, diese Ängste zu lindern und Sicherheit zu vermitteln.
Der Begriff Angst geht auf das althochdeutsche angust und das lateinische angustia zurück, Begriffe für Enge, Bedrängnis und Beengung. Angst ist ein menschliches Grundgefühl und umfasst eine Vielzahl emotionaler Reaktionen auf reale oder erwartete Bedrohungen, körperlich wie seelisch.
Warum es Angst gibt und was sie bewirkt
Angst ist in ihrer gesunden Form eine biologisch sinnvolle Reaktion. Sie schützt das Leben, bereitet uns auf Gefahr vor und aktiviert den Körper: Atemfrequenz, Puls und Muskelspannung steigen, das Hör- und Sehvermögen wird empfindlicher. Diese körperlichen Symptome sind ebenso typisch wie Verhaltensebene und kognitive Ebene: Der Mensch zieht sich zurück, vermeidet oder wird aggressiv, fühlt sich ohnmächtig oder überfordert.
Um mit Angst umzugehen, ist es wichtig, sie bewusst wahrzunehmen: körperlich, gedanklich, emotional. Atemübungen, Entspannungstechniken und positive Selbstgespräche können helfen. Auch gezielte Auseinandersetzung mit der angstauslösenden Situation, gegebenenfalls begleitet, kann zur Besserung führen. Wenn Angst ohne realen Anlass auftritt und zur Belastung wird, sollte therapeutische Unterstützung in Anspruch genommen werden.
Warum Menschen mit Demenz besonders oft Angst erleben
Schon erste Symptome wie Gedächtnisprobleme oder Orientierungsverlust können Angst auslösen, denn der Verlust von Kontrolle wird als bedrohlich empfunden. Die Diagnose Demenz verstärkt diese Angst häufig. Menschen wissen im Frühstadium, dass sie Fähigkeiten verlieren werden: Auto fahren, telefonieren, kochen, alltägliche Handlungen fallen zunehmend schwer.
Diese Entwicklung verunsichert und verstärkt die Angst. Viele ziehen sich zurück, meiden soziale Kontakte, was den kognitiven Abbau beschleunigt und Ängste weiter verstärkt. Im fortgeschrittenen Stadium erkennen Betroffene vertraute Personen oder Orte nicht mehr, empfinden Veränderungen als bedrohlich und reagieren auf überfordernde Situationen oder negative Stimmungen im Umfeld mit Angst.
Wahnvorstellungen und Halluzinationen können ebenfalls angstauslösend sein. Auch wenn die Reaktionen für Außenstehende schwer nachvollziehbar sind, sind sie real für den Betroffenen und verdienen Verständnis und Ernstnahme.
Einfühlsame Kommunikation: Sich in die Realität der Betroffenen begeben
Hilfreich ist, ängstliche Gefühle ernst zu nehmen, ruhig zu reagieren und auf Validierung zu setzen: Gefühle benennen, beruhigen, ablenken. Aussagen wie „Du brauchst keine Angst zu haben“ oder „Da ist niemand“ verfehlen meist ihre Wirkung. Besser ist es, auf die Emotion einzugehen und mit dem Menschen in seiner Wahrnehmung zu bleiben.
Wenn Angst häufig auftritt, sollte medizinisch geprüft werden, ob Nebenwirkungen von Medikamenten oder eine Depression dahinterstecken. In späten Stadien helfen Gemeinschaft und ein stabiles Umfeld. Ein Beispiel dafür ist das Konzept der Pflegeoase: Dort leben Menschen mit Demenz gemeinsam in betreuter Nähe. Sie haben private Rückzugsbereiche, sind aber nie allein, was Ängste mindern, Apathie reduzieren und das Wohlbefinden steigern kann.
So kannst du die Angst von Menschen mit Demenz lindern
- Geborgenheit vermitteln: Halte die Hand, sprich ruhig, umarme den Betroffenen.
- Lösungsorientiert reagieren: Bei Angst vor Einbrechern gemeinsam kontrollieren, statt zu widersprechen.
- Keine Verneinungen: Sätze wie „Du bildest dir das nur ein“ vermeiden, stattdessen validieren und mitfühlen.
- Lichtverhältnisse prüfen: Räume gut ausleuchten, besonders Ecken, denn Schatten wirken oft bedrohlich.
- Nachtlicht nutzen: Ein kleines Licht kann Ängste in der Nacht reduzieren.
- Spiegel entfernen: Spiegelbilder werden manchmal als fremde Personen wahrgenommen.
- Ablenken mit Positivem: Über schöne Erinnerungen oder Interessen sprechen.
- Individuell ausprobieren: Musik, ein warmes Bad oder ein Lieblingssnack können beruhigen.
- Aromatherapie nutzen: Düfte wie Lavendel, Rose, Basilikum oder Kamille wirken angstlindernd, etwa über Duftsteine, Lämpchen oder duftende Tücher im Bett.
© demenzworld/Kompetenzzentrum Demenz Schleswig Holstein/Desideria
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