
Emotionen
Emotionen begleiten uns Menschen durch das ganze Leben, und doch bleibt oft unklar wie genau sie eigentlich funktionieren. Es gibt keine eindeutige Definition, aber zahlreiche Erklärungsversuche aus Medizin, Psychologie und Neurowissenschaft. Auch Emotionen bei Demenz spielen eine große Rolle.
Ein Blick in den medizinischen Klassiker «Pschyrembel» zeigt, dass Emotionen als psychische und physische Empfindungen beschrieben werden, die durch äußere Reize oder Gedanken ausgelöst werden. Sie dienen dem Überleben, dem sozialen Miteinander und der inneren Regulation. Eine relativ nüchterne Beschreibung, die viele Fragen offen lässt.
Was Emotionen von Gefühlen unterscheidet
Die Wissenschaft liefert verschiedene Erklärungen: Für die einen sind Emotionen Reizreaktionen, für andere neurophysiologische Prozesse im Gehirn. Wieder andere sehen sie als Ergebnis sozialer Lernprozesse, beeinflusst durch Erwartungen und Erfahrungen.
Häufig werden Emotionen und Gefühle gleichgesetzt, doch sie meinen nicht dasselbe. Gefühle beschreiben sinnliche Wahrnehmungen wie beispielsweise Kälte, Schmerz oder Berührung. Emotionen hingegen entstehen oft unbewusst, sind aber messbar: durch Herzfrequenz, Hormone und Körpersprache. Sie beeinflussen unser Denken, unsere Wahrnehmung und unser Verhalten.
Der Wissenschaftsjournalist Rüdiger Vaas beschreibt Emotionen als körperliche Reaktionen, die sich in Gefühlen bewusst zeigen. Diese Prozesse helfen dem Menschen evolutionär betrachtet beim Überleben und in sozialen Beziehungen.
Veränderung des Zugangs zu Emotionen bei Demenz
Im gesunden Zustand sind Menschen in der Lage, Emotionen bewusst zu regulieren, sei es aus Rücksicht auf soziale Normen oder um bestimmte Gefühle zu verbergen. Doch mit einer demenziellen Erkrankung schwindet diese Fähigkeit.
Demenz öffnet die Tür zu ungefilterten Emotionen. Menschen mit Demenz zeigen ihre Gefühle oft direkter, Freude, Wut, Scham oder Ekel treten offen zutage. Gleichzeitig entwickeln sie eine hohe Sensibilität für die Emotionen anderer, auch wenn diese unausgesprochen bleiben.
So können sie Unstimmigkeiten in der Mimik einer Pflegekraft wahrnehmen, etwa wenn ein Lächeln nur den Mund, nicht aber die Augen erreicht. Diese feinen Signale werden oft erkannt, auch wenn Sprache und Motorik bereits eingeschränkt sind.
Nonverbale Kommunikation als Schlüssel im Umgang mit Emotionen
Im Verlauf einer Demenz werden Worte weniger, doch Emotionen bleiben. Nonverbale Signale wie Gesichtsausdruck, Gesten, Augenkontakt oder Berührungen gewinnen an Bedeutung. Sie ermöglichen einfühlsame Kommunikation auch dann noch, wenn verbale Sprache kaum noch möglich ist.
Gerade in der Betreuung von Menschen mit Demenz ist es entscheidend, ihre Emotionen ernst zu nehmen. Ein sensibler Umgang, Validation und echtes Einfühlungsvermögen schaffen Vertrauen und Nähe. Nur wer sich auf die emotionale Welt von Menschen mit Demenz einlässt, kann sie wirklich verstehen und respektvoll begleiten.
© demenzworld/Kompetenzzentrum Demenz Schleswig Holstein/Desideria
Weitere Fragezeichen im Kopf?
In unserem Leitfaden “Denk auch an dich” findest du Orientierung und Anregungen zu Themen wie Emotionen bei Demenz. Ob Pflege, Überforderung oder Abschied, die Beiträge helfen dir, Entscheidungen und Ereignisse besser einzuordnen. Für mehr Verständnis, innere Stärke und einen achtsamen Blick auf dich selbst.
