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Fehlende Krankheitseinsicht

Fehlende Krankheitseinsicht bei Demenz ist ein zentrales Problem im frühen Stadium der Erkrankung und eine große Belastung für Angehörige. Menschen mit Demenz nehmen ihre Defizite oft nicht wahr oder wollen sie nicht wahrhaben. Sie lehnen Hilfe ab, reagieren mit Abwehr oder Aggression und lassen sich nur schwer zu ärztlichen Untersuchungen bewegen.

Krankheitseinsicht“ bedeutet zunächst: Ich verstehe und akzeptiere, dass mit meinem Körper oder meinem Geist etwas nicht stimmt. Bei klassischen körperlichen Erkrankungen wie einer Grippe ist diese Einsicht meistens vorhanden, denn Schmerzen, Fieber oder Schwäche machen klar: Ich bin krank.

Bei Demenz ist das anders. Hier fehlen die klassischen Warnzeichen, und viele Betroffene erleben ihre Symptome nicht als behandlungsbedürftig. Sie verharmlosen Aussetzer, erklären sie mit dem Alter oder äußeren Umständen und meiden das Gespräch über mögliche Erkrankungen.

Schuld sind immer die anderen

Die Gründe für eine fehlende Krankheitseinsicht sind vielfältig. Zum einen fehlt der Leidensdruck: Betroffene fühlen sich oft nicht „krank“. Zum anderen fehlt die Fähigkeit, Veränderungen richtig einzuordnen, beispielsweise die eigene Vergesslichkeit oder Orientierungslosigkeit.

Nicht selten ist das Leugnen ein Schutzmechanismus. Betroffene versuchen, eine Fassade aufrechtzuerhalten. Typisch zu Beginn einer Alzheimer-Erkrankung ist das Verstecken von Fehlern: Verlieren von Gegenständen, Verpassen von Terminen oder falsches Verhalten im Alltag werden beschönigt oder anderen angelastet: „Schuld sind immer die anderen.“

Diese Reaktionen sind oft Ausdruck tiefer innerer Verunsicherung. Und sie betreffen vor allem das direkte Umfeld. Angehörige merken früh, dass sich etwas verändert, erleben jedoch Zurückweisung, Feindseligkeit oder Misstrauen. Nicht selten beschuldigen die Erkrankten nahestehende Personen, sie bestohlen oder hintergangen zu haben.

Fehlende Krankheitseinsicht bei Demenz: „Ich brauche keine Hilfe!“

Menschen mit Demenz lehnen in dieser Phase häufig jede Art von Unterstützung ab. Sie wollen weiterhin Auto fahren, obwohl sie den Straßenverkehr nicht mehr überblicken. Sie irren nachts durchs Haus oder ziehen sich bei Minusgraden sommerlich an, bereitgelegte Winterkleidung wird ignoriert.

Versuche, auf das Verhalten hinzuweisen, führen oft zu Konflikten: Aus sonst sanftmütigen Personen können streitsüchtige, aggressive Menschen werden. Auch das ist ein typisches Frühsymptom der Demenz. Für Angehörige ist das schwer zu ertragen, doch auch für die Betroffenen ist es innerlich belastend. Denn oft spüren sie: Irgendetwas stimmt nicht.

Deshalb ist es wichtig, dass Angehörige einfühlsam bleiben. Nicht belehren oder bevormunden, sondern ruhig, klar und wertschätzend kommunizieren.

Abklärung einfühlsam ansprechen: immer wieder

Bis ein Mensch mit Demenz bereit ist, sich untersuchen zu lassen, vergeht oft viel Zeit. Angehörige sollten das Thema sensibel und wiederholt zur Sprache bringen. Nie von oben herab, sondern mit echtem Respekt. Wichtig ist ein Hausarzt, dem die betroffene Person vertraut. Wenn sich dort der Verdacht auf eine Demenz bestätigt, folgt eine vertiefte Diagnostik, zum Beispiel in einer Memory-Klinik.

Der medizinische Fachbegriff für fehlende Krankheitseinsicht bei Demenz lautet Anosognosie. Er beschreibt eine hirnorganisch bedingte Unfähigkeit, die eigene Krankheit zu erkennen oder einzuordnen. Diese Einschränkung ist nicht Willenssache, sie ist Teil der Erkrankung.

Vertrauen statt Druck

Menschen mit Anosognosie brauchen vor allem eines: ein Umfeld, das Sicherheit und Vertrauen gibt. Das gelingt nur mit Geduld, Respekt und ehrlicher Zuwendung. Angehörige, Pflegekräfte und Ärzte sollten sich immer an einem zentralen Leitwert orientieren: der Achtung vor der Würde und Autonomie der Betroffenen.

Denn nur so entsteht eine Basis, auf der auch schwierige Themen wie Diagnostik, Hilfe im Alltag oder Pflegebedarf besprochen werden können und auf der trotz der Krankheit ein vertrauensvolles Miteinander möglich bleibt.

© demenzworld/Kompetenzzentrum Demenz Schleswig Holstein/Desideria

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