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Sicherheit

Sicherheit bei Demenz ist ein sensibles Thema, denn es geht darum, Gefahren abzuwenden, ohne das Recht auf Selbstbestimmung zu verletzen. Menschen mit Demenz können sich selbst oder Dritte gefährden. Angehörige und Pflegende stehen deshalb vor schwierigen Entscheidungen: Sie müssen Freiheitsrechte und -bedürfnisse der Betroffenen beachten und gleichzeitig Gefahren abwenden.

Sicherheit bei Demenz

Menschen mit Demenz verhalten sich für ihre Umgebung oft unverständlich. Aus Sicht der Betroffenen sind diese Handlungen aber eine sinnvolle Reaktion auf ihre Umwelt. Sie können sich nicht an eine Struktur anpassen, deshalb sollte die Umwelt ihre Bedürfnisse so gut es geht ermöglichen. Nicht umsonst heisst es: Demenz ist die Krankheit des Umfeldes.

Gefahren und Gefahrenprävention

Ein häufiges Phänomen ist Unruhe. Betroffene wandern durch die Wohnung, wollen etwas erledigen, meinen vielleicht, sie müssten Kinder von der Schule abholen oder zur Arbeit gehen. Mit diesem Verhalten stören Menschen mit Demenz ihre Mitmenschen. Und es lauern Gefahren. Der Betroffene könnte:

  • stürzen und sich dabei verletzen
  • mit falscher Kleidung hinausgehen und unterkühlen oder überhitzen
  • sich verlaufen und den Heimweg nicht mehr finden
  • sich im Strassenverkehr in Gefahr bringen
  • in ein Gewässer fallen und ertrinken
  • sich mit falscher Handhabung von Geräten in Gefahr bringen

Balance zwischen Schutz und Freiheit

Nun haben die Betreuenden ein Dilemma. Einerseits wollen sie für die Sicherheit der Erkrankten sorgen. Andererseits möchten sie ihre Bedürfnisse und Lebensqualität nicht einschränken. Ein zusätzliches Problem entsteht, wenn die Erkrankte an der verschlossenen Tür zu schreien beginnt und aggressiv wird gegen die Betreuenden. Mit ihrem Verhalten zeigen sie eigentlich nur an, wie wichtig ihnen die Bewegung oder eine Aufgabe ist. Als erste Reaktion empfiehlt sich ein validierendes Gespräch.

Mit der Anpassung des Umfeldes lässt sich oftmals eine Verbesserung erreichen, zum Beispiel durch Veränderungen im Wohnbereich. Die Betreuenden sollten auch dafür sorgen, dass die Erkrankte körperlich aktiv sein und sich wirksam erleben kann: Spaziergänge, Sport, Spiel, Aufgaben im Haushalt, Begleitung beim Einkaufen usw. Weil dies eine Betreuungsperson kaum allein bewältigen kann, empfiehlt sich der Aufbau eines Netzwerks mit Familienmitgliedern, Freunden und Nachbarn.

Der Demenz-Experte und Ethiker Michael Schmieder schreibt dazu: «Stellen wir uns vor: 216 Verkehrstote im letzten Jahr auf Schweizer Strassen wären Rechtfertigung genug, den ganzen Verkehr zu stoppen. Zum Glück nehmen wir Risiken in Kauf. Menschen mit Demenz haben es verdient, dass wir mit ihnen auch Risiken eingehen, dass wir nicht sedieren, nur weil wir es nicht aushalten, dass etwas passieren kann.»

Sicherheit und Selbstbestimmung

Besteht ein erhebliches Risiko einer Selbst- oder Fremdgefährdung, sind eventuell freiheitsentziehende Massnahmen nötig. Sie sollten das letzte Mittel sein, weil sie die Bewegungsmöglichkeiten einschränken, zum Beispiel ein Bettgitter oder ruhigstellende Psychopharmaka. In Extremfällen, etwa bei Verwahrlosung oder Unterernährung, gilt eine Einweisung in eine Klinik als Option.

Abgesehen von kurzfristigen, akuten Notlagen, die schnelles Eingreifen erfordern, muss ein Betreuungsgericht solche Restriktionen genehmigen. Ein Antrag bei Gericht muss sehr detailliert begründet sein. Denn jede Zwangsmassnahme bedeutet einen Eingriff in individuelle Persönlichkeitsrechte.

Alternativen zu Freiheitseinschränkungen

Nicht nur die Deutsche Alzheimer Gesellschaft betrachtet Freiheitseinschränkungen als letztes Mittel der Unfallprophylaxe. Um Lebensqualität langfristig zu erhalten, lohnt es sich, nach Alternativen zu suchen. So könnten Patienten mit Weglauftendenz am Körper mit einem Signalgeber ausgerüstet werden, der Angehörige oder Pfleger informiert, falls der Betroffene den geschützten Bereich verlässt.

Das Modellprojekt „Der Werdenfelser Weg“ zielt darauf, freiheitsentziehende Massnahmen auf ein unumgängliches Minimum zu reduzieren. Dabei suchen Experten zusammen mit Angehörigen, Betreuern und Heimleitungen in jedem Einzelfall nach dem besten Kompromiss zwischen Autonomie und Sicherheit.

© demenzworld/Kompetenzzentrum Demenz Schleswig Holstein/Desideria

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