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Rituale

Für Betroffene sind Rituale bei Demenz eine wertvolle Orientierungshilfe, denn sie schenken Sicherheit, Struktur und emotionale Geborgenheit im Alltag. Rituale folgen einem immer gleichen Ablauf. Für Menschen mit Demenz und ihre Betreuenden können Rituale im Alltag den entspannten Umgang miteinander fördern.

Der Begriff Ritual leitet sich vom lateinischen «ritualis» ab und bedeutet «den religiösen Brauch betreffend». Ritual beschreibt eine Handlung, die nach vorgegebenen Regeln abläuft, meist formell ist und oft auch eine feierliche Handlung mit hohem symbolischem Gehalt darstellt. Rituale können religiöser oder weltlicher Art sein, zum Beispiel Gottesdienste, Hochzeiten, Begräbnisse, Aufnahmefeiern oder Begrüssungen. Auch eine kleine Arbeitspause, das Aufstehen am Morgen oder ein Essen kann rituell ausgeführt werden.

Rituale finden als geregelte Kommunikationsabläufe oft in Gruppen statt. Sie können aber als festgelegte Handlungsweisen auch das Verhalten von Einzelnen beschreiben. Die Grenzen zwischen Ritualen und Routinen sind fliessend, letztere bezeichnen eher regelmässige und gleichförmige Handlungen, die quasi automatisch ablaufen. Bei Ritualen dagegen konzentrieren sich die Ausführenden meistens auf ihr Tun und erleben es sehr bewusst.

Welche Wirkungen Rituale haben

Rituale vermitteln Halt und Orientierung, weil sie auf gleichförmige, eingeübte Verhaltensweisen zurückgreifen, die der Einzelne unter Kontrolle hat und sicher beherrscht. Werden Rituale gemeinsam vollzogen, fördern sie das Gefühl der Zugehörigkeit und die gegenseitige Verständigung. Routinen und Rituale können ausserdem Erinnerungen wecken und Trost sowie Geborgenheit geben.

Bei der Bewältigung von schwierigen Lebenssituationen spenden Rituale Kraft und helfen Übergänge zu gestalten, etwa nach dem Verlust eines geliebten Menschen. Mitunter rufen Rituale auch Glücksmomente hervor und können dazu beitragen, dass Menschen zufriedener oder erfolgreicher sind. Viele Spitzensportler zum Beispiel pflegen vor oder während des Wettbewerbs persönliche oder gemeinsame Rituale, etwa bestimmte Erfolgs- und Siegesgesten oder eine bestimmte Mahlzeit vor dem Start. Das reduziert offenbar den Stress, fördert die Konzentration und motiviert zu hohen Leistungen.

Rituale bei Demenz

Für Menschen mit Demenz können Rituale und Routinen eine wichtige Bedeutung haben. Sie strukturieren ihren Tagesablauf und vermitteln ihnen Stabilität, Sicherheit und Geborgenheit. Auch Angehörige oder Pflegekräfte können von Ritualen profitieren, denn sie sorgen oft für einen entspannteren und liebevolleren Umgang miteinander. Überdies helfen manche Rituale den Betreuenden dabei, gelassener und besonnener mit ihrer Arbeit oder mit damit verbundenen Konflikten umzugehen.

Oft haben Rituale und Routinen für demenziell Erkrankte auch einen positiven Symbolgehalt, der nicht so schnell in Vergessenheit gerät. So kann ihnen zum Beispiel die morgendliche Zeitungslektüre extrem wichtig sein, auch wenn sie die Inhalte nicht mehr verstehen oder gar nicht mehr lesen können. Mitunter empfinden Aussenstehende solche Verhaltensweisen als schrullig und haben wenig Verständnis dafür. Es ist aber wichtig, Gewohnheiten und Rituale, die nicht den Verhaltensnormen entsprechen, zu unterstützen, denn sie beruhigen die Betroffenen und erleichtern ihnen die Orientierung im Alltag.

Rituale können gerade im Frühstadium der Demenz eine bedeutende Rolle spielen. Viele Betroffene und ihre Angehörigen durchlaufen dann einen schmerzhaften Prozess der Veränderung und des Abschieds vom gewohnten Leben. In dieser schwierigen Situation können Rituale Halt geben und helfen, Ängste zu bewältigen. Für religiös geprägte Menschen können das zum Beispiel Gebete oder Gottesdienstbesuche sein. Selbst bei fortgeschrittener Erkrankung wecken solche spirituellen Rituale positive Erinnerungen und regen die Sinne an.

Diese Rituale können Menschen mit Demenz helfen

Grundsätzlich können alle Rituale, die Gesunde praktizieren, auch für Menschen mit Demenz positive Effekte haben. Dies variiert aber je nach Person und Stadium der Krankheit. Du solltest aufmerksam beobachten, wie der Betroffene reagiert und dementsprechend Anpassungen machen. Wichtige Anhaltspunkte können auch die Biografie und die früheren Gewohnheiten und Vorlieben sein. Hier eine Reihe von Vorschlägen, die du ausprobieren kannst:

  • Gemeinsame Mahlzeiten: Soziale Interaktion fördern und eine Verbindung schaffen
  • Tägliche Routinen: Struktur und Vorhersehbarkeit mit wiederkehrenden Elementen schaffen
  • Musik: Lieblingslieder oder gemeinsames Singen können beruhigen und Freude bringen
  • Geschichten erzählen: Vergangenheit und Identität aktivieren durch biografische Gespräche oder Fotos
  • Körperpflege-Rituale: Sanfte, liebevolle Pflegehandlungen mit sinnlichen Impulsen verbinden
  • Naturbezogene Aktivitäten: Spaziergänge oder Pflanzenbetrachtung für sinnliche Beruhigung
  • Kreativität und Handwerk: Malen, Basteln oder Collagen fördern Ausdruck und Aktivität
  • Entspannungsübungen: Atemtechniken, sanftes Dehnen oder Senioren-Yoga bringen Ruhe
  • Tiere: Tierkontakte, auch mit Therapietieren, spenden Nähe und Trost
  • Gebete oder Meditation: Spirituelle Rituale als Quelle von Trost und Sinn

© demenzworld/Kompetenzzentrum Demenz Schleswig Holstein/Desideria

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