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Inkontinenz

Inkontinenz bei Demenz: Eine häufige Begleiterscheinung der Erkrankung und für Betroffene wie Angehörige sehr belastend. Oft ist sie der entscheidende Grund für den Umzug in ein Pflegeheim.

Der Begriff Inkontinenz stammt vom lateinischen incontinentia und bedeutet „nicht zurückhalten können“. Meist ist damit der ungewollte Verlust von Urin gemeint. Rund 10 % der Männer und 25 % der Frauen erleben im Lauf ihres Lebens Harninkontinenz, bei über 60-Jährigen liegt die Zahl noch höher. Viele schweigen aus Scham und die Dunkelziffer ist entsprechend groß.

Formen von Inkontinenz

  • Belastungsinkontinenz: Urinverlust bei Druck auf den Bauchraum – etwa beim Husten, Niesen oder Lachen
  • Dranginkontinenz: Plötzlicher, starker Harndrang – die Toilette wird nicht mehr rechtzeitig erreicht
  • Reflexinkontinenz: Kein Gefühl für die volle Blase, keine Steuerung der Entleerung
  • Überlaufinkontinenz: Tröpfelnder Urinabgang, oft mit dauerhaftem Harndrang
  • Stuhlinkontinenz: Unwillkürlicher Abgang von Darmgasen oder Stuhl – in leichten wie auch in schweren Formen

Ursachen und medizinische Abklärung

Inkontinenz hat viele Ursachen:

  • Geschwächter Beckenboden (v. a. im Alter)
  • Prostatavergrößerung oder Harnröhrenverengung
  • Nebenwirkungen von Medikamenten
  • Erkrankungen des Nervensystems (z. B. Multiple Sklerose, Schlaganfall, Demenz)
  • Tumoren oder andere körperliche Veränderungen

Deshalb ist es wichtig, ärztlich abzuklären, ob und wie Inkontinenz behandelt werden kann, etwa durch:

Inkontinenz als Belastung, körperlich und seelisch

Inkontinenz schränkt das Leben vieler Betroffener stark ein. Hautreizungen, nächtliche Stürze oder Schamgefühle belasten Körper und Psyche. Studien zeigen:

  • 69 % der Betroffenen berichten über ein verringertes Selbstwertgefühl
  • 74 % erleben Einschränkungen im Alltag

Scham, Rückzug und soziale Isolation sind häufige Folgen. Dabei ließe sich mit offener Kommunikation und ärztlicher Unterstützung viel Leid vermeiden.

Inkontinenz bei Demenz: Ein schleichender Prozess

Im Verlauf einer Demenz tritt Inkontinenz oft schrittweise auf:

  • Frühphase: Betroffene vergessen den Gang zur Toilette oder finden sie nicht rechtzeitig
  • Fortgeschrittenes Stadium: Der Harndrang wird zwar noch gespürt, aber nicht mehr kontrolliert – das Großhirn kann den Reflex nicht mehr unterdrücken
  • Spätphase: Harn- und Stuhlinkontinenz treten gemeinsam auf

Rund 50 % der Erkrankten sind nach fünf Jahren betroffen, nach acht Jahren sind es etwa 80 %.

Tipps für den Umgang mit Inkontinenz im Alltag

Der Umgang mit Inkontinenz kann belastend sein, emotional wie praktisch. Für Angehörige ist es hilfreich, vorbereitet zu sein:

  • Ruhig bleiben, keine Vorwürfe machen
  • Toilettengänge erinnern, z. B. morgens, abends oder vor dem Verlassen des Hauses
  • Barrieren beseitigen – freie Wege zur Toilette schaffen
  • Toilette sichtbar machen – Tür offen lassen, mit Symbolen kennzeichnen
  • Gute Beleuchtung auf dem Weg zur Toilette
  • Hilfsmittel nutzen: Sitzhilfen, Haltegriffe, Einlagen
  • Praktische Kleidung wählen: einfache Verschlüsse, bequeme Hosen
  • Signale beobachten: Unruhe, Zupfen an Kleidung oder häufiges Aufstehen

Scham, Ekel und emotionale Belastung

Der Umgang mit Inkontinenz bedeutet nicht nur körperliche, sondern auch emotionale Herausforderungen. Ekel und Scham spielen auf beiden Seiten eine große Rolle. Betroffene fühlen sich oft „unsauber“ oder entwürdigt. Angehörigen fällt es schwer, intime Pflege zu leisten.

Ekel ist ein natürlicher Reflex, ein Schutzmechanismus, der tief verankert ist. Es hilft, diesen Reflex zu verstehen und Strategien zu entwickeln, um damit umzugehen: zum Beispiel durch Handschuhe, Duftmaskierung oder Rituale zur mentalen Abgrenzung.

© demenzworld/Kompetenzzentrum Demenz Schleswig Holstein/Desideria

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