
Arztbesuch
Ein Arztbesuch kann für Menschen mit Demenz eine große Herausforderung sein. Ängste, Orientierungslosigkeit und Missverständnisse machen den Termin oft belastend, für die Betroffenen ebenso wie für ihre Angehörigen. Doch mit Vorbereitung, Einfühlungsvermögen und einem respektvollen Umgang lässt sich viel Druck für den Arztbesuch bei Demenz herausnehmen.
Viele Menschen mit Demenz gehen ungern zum Arzt. Manche fürchten sich vor schlechten Nachrichten, andere vor einem Umfeld, das sie nicht mehr richtig verstehen. Auch Aufforderungen, denen sie nicht mehr folgen können, wie etwa das Ausziehen für eine Untersuchung, lösen Unsicherheit, Wut oder Rückzug aus.
Warum ein Arztbesuch bei Demenz so belastend sein kann
Ein Besuch in einer fremden Umgebung, das Warten im Wartezimmer oder das ungewohnte Verhalten des medizinischen Personals kann zu Verwirrung und Überforderung führen. Manchmal missverstehen Betroffene die Situation, etwa wenn ein Patient denkt, er sei schon im Behandlungsraum und sich vorzeitig auszieht.
Ansgar Felbecker, Präsident der Swiss Memory Clinics, sagt dazu: „Ob ein Arztbesuch als traumatisch erlebt wird, hängt von der Art der Demenz, dem Schweregrad und den individuellen Erfahrungen ab.“ Für Ärzt*innen und Angehörige ist es wichtig, die Perspektive der Erkrankten ernst zu nehmen und entsprechend zu handeln.
So bereitest du den Arztbesuch gut vor
- Akzeptiere die Gefühle des Betroffenen und äußere dein Verständnis.
- Sprich offen über deine eigenen Sorgen: „Ich mache mir Sorgen um deine Gesundheit, kannst du mir zuliebe mitkommen?“
- Betone, dass keine Entscheidungen über den Kopf der betroffenen Person hinweg getroffen werden.
- Vermeide Druck und erkläre den Grund für den Arzttermin verständlich.
- Beziehe vertraute Personen ein, wenn das Sicherheit gibt.
- Halte Symptome, Veränderungen und Fragen im Vorfeld schriftlich fest.
- Informiere Arztpraxis oder Klinik über die Demenzerkrankung im Vorfeld.
- Versuche, Wartezeiten zu vermeiden, komm lieber pünktlich statt zu früh.
- Sorge für Beschäftigung: Snacks, Fotos, ein vertrautes Buch oder Musik.
- Plane Bewegung ein: Ein Spaziergang vor dem Termin kann helfen, Unruhe zu reduzieren.
- Während der Untersuchung helfen sanfte Worte, vertraute Gegenstände oder beruhigende Gesten.
- Bei Klinikaufenthalten: Pack eine Tasche mit Medikamentenplan, Vollmacht, persönlichen Dingen. Oft ist auch Rooming-In möglich.
Ärztliche Termine mit Bedacht wählen
Menschen mit Demenz brauchen mehr Zeit, auch im medizinischen Gespräch. Eine sorgfältige Vorbereitung hilft allen Beteiligten. Dabei lohnt es sich, grundsätzlich zu überlegen:
- Was soll mit dem Termin erreicht werden?
- Ist die Untersuchung für die Lebensqualität relevant?
- Sind Nutzen und Belastung im Verhältnis?
Die Medizinethikerin Tanja Krones empfiehlt, frühzeitig mit den Betroffenen über grundsätzliche Pflege- und Therapieziele zu sprechen. Solche Gespräche erleichtern später notwendige Entscheidungen.
Nicht jede Untersuchung ist sinnvoll, aber manche sind es sehr
In bestimmten Fällen sollte kritisch geprüft werden, ob eine medizinische Maßnahme wirklich nötig ist. Zum Beispiel:
- Ist eine regelmäßige Knochendichtemessung sinnvoll, wenn die Osteoporose bekannt ist und behandelt wird?
- Ist eine PSA-Wert-Messung bei betagten Männern hilfreich oder belastend?
Andererseits können einfache Untersuchungen wie eine Sehschärfenkontrolle entscheidend sein, mit einer passenden Brille lassen sich Stürze und damit verbundene Komplikationen vermeiden. Je mehr Informationen über mögliche Konsequenzen vorliegen, desto besser lassen sich Arzttermine abwägen.
© demenzworld/Kompetenzzentrum Demenz Schleswig Holstein/Desideria
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