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Selbsbestimmung

Selbstbestimmung bei Demenz bedeutet Wünsche zu äußern zu können und respektiert zu werden, besonders, wenn frühzeitig vorgesorgt wird. Menschen mit Demenz können mit dem Fortschreiten der Krankheit viele Entscheidungen nicht mehr selbst treffen. Deshalb gilt es, früh den eigenen Willen festzuhalten und geeignete »Stellvertreter« festzulegen.

Was bedeutet Selbstbestimmung?

Selbstbestimmt lebt, wer Informationen versteht, sie beurteilen kann, Risiken und Nutzen abwägen und getroffene Entscheidungen gegenüber Dritten begründen kann. In der Medizin umfasst Selbstbestimmung das Recht von Patienten, nach fachgerechter Aufklärung, Behandlungen zuzustimmen oder abzulehnen. Ärztliche Massnahmen ohne Einwilligung sind nur in Notfällen vertretbar.

Selbstbestimmung bei Demenz

Bei leichter Demenz sind Menschen meist noch entscheidungsfähig, auch wenn sie länger brauchen, um Entschlüsse zu fällen. Negative Einflüsse sind Depressionen, Orientierungsschwierigkeiten in fremder Umgebung, Wortfindungsstörungen, Vergesslichkeit und Zerstreutheit. Lassen Angehörige und Pfleger den Betroffenen genug Zeit für Entscheidungen, kann ein selbstbestimmtes Leben weiterhin möglich sein. Wie das gehen kann, zeigt zum Beispiel die Organisation Promenz.

Bei mittelschwerer Demenz können Menschen in der Regel noch einfache Entscheidungen treffen, die die Gegenwart betreffen. Ein gestörtes Kurzzeitgedächtnis, Desorientiertheit, Ruhelosigkeit und Sprachstörungen erschweren die Entscheidungsfindung. Pflegende Angehörige und Pfleger können Betroffene trotzdem in zeitlich oder räumlich überschaubare Entscheidungen mit einbeziehen.

Schwere Demenz ist gekennzeichnet durch einen starken geistigen Abbau. Patienten können bestenfalls auf Basis ihrer augenblicklichen Gefühlslage (Wohlsein, Zufriedenheit, Angst) einfache Ja-Nein-Entscheidungen treffen. Darüber hinaus bestimmen Dritte, unter Berücksichtigung der jeweils ersichtlichen oder angenommenen Interessenlage des Patienten, über die Betroffenen.

Würde und Willensbildung bei Demenz

Obwohl Menschen mit Demenz sukzessive Erinnerungen, Sprache und Denkvermögen verlieren und dadurch ihre Selbstbestimmung abnimmt, sind sie in der Lage, die Umgebung wahrzunehmen und Wünsche zu äußern, nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen sogar in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium.

So können Patienten beispielswiese mimisch, gestisch oder lautmalerisch vermitteln, ob sie Gesellschaft wünschen, welche Kleidung sie tragen, wann sie schlafen oder essen wollen. Für Aussenstehende ist es allerdings nicht immer einfach, die richtige Botschaft zu erkennen. Am wichtigsten sind Geduld und Einfühlungsvermögen.

Grenzen der Selbstbestimmung

Die Wünsche von Menschen mit Demenz dürfen von Angehörigen und Pflegern nicht einfach ignoriert werden. Auch ein unvernünftiges Verlangen, etwa ein Spaziergang in der Kälte oder ein Nein zu einer therapeutisch sinnvollen Veranstaltung, sollte ernst genommen werden.

Wünsche dürfen verweigert werden, falls die Erfüllung den Menschen mit Demenz gefährden oder Angehörige und Pfleger überfordern. Der Deutsche Ethikrat schreibt dazu: «Wenn der Handelnde für das Wohl und Wehe des anderen verantwortlich ist und dieser die Tragweite seines Verlangens nicht erkennen kann, ist der Verantwortliche sogar verpflichtet, die Wunscherfüllung abzulehnen.» Zudem braucht der Pflegende «unzumutbare Aufgaben, die ihn überfordern würden, nicht zu übernehmen.»

Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht

Ratsam ist es auf jeden Fall, seinen Willen in einer Patientenverfügung festzuhalten. Wenn ich selber nicht mehr ansprechbar und/oder urteilsfähig bin, haben Angehörige, Ärzte und Pflegende Anhaltspunkte, welche Art von Behandlungen ich wünsche und welche ich ablehne.

Doch nicht immer ist das, was ich vor Jahren in die Patientenverfügung geschrieben habe, wirklich praktizierbar. Es könnte sein, dass ich zum Beispiel aufgrund psychischer Begleiterscheinungen einer Demenz auf meine Mitmenschen losgehe. Wenn ich aber in meine Verfügung geschrieben habe, dass ich keine Psychopharmaka einnehmen möchte, stellt das Angehörige und Pflegende vor ein Dilemma. Der Ethiker Klaus Peter Rippe hat einen Artikel zu diesem ethischen Dilemma geschrieben.

Wichtiger als die Patientenverfügung ist in diesem Zusammenhang eine Vorsorgevollmacht (D, A) bzw. ein Vorsorgeauftrag (CH). Darin definiere ich eine oder mehrere Personen, die für mich Entscheidungen treffen, wenn ich es selbst nicht mehr kann.

© demenzworld/Kompetenzzentrum Demenz Schleswig Holstein/Desideria

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