
Sterbehilfe
Sterbehilfe bei Demenz stellt Betroffene, Angehörige, Pflegende und die Gesellschaft vor große ethische und rechtliche Herausforderungen. Als Sterbehilfe bezeichnet man das assistierte Töten oder Sterbenlassen von Menschen mit einem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Verlangen nach dem eigenen Tod.
Die vier Formen der Sterbehilfe
Man unterscheidet vier Formen der Sterbehilfe: die passive Sterbehilfe, die indirekte Sterbehilfe, den assistierten Suizid und die aktive Sterbehilfe.
- Passive Sterbehilfe bezeichnet das Sterbenlassen eines schwerkranken Menschen durch das Unterlassen oder Einstellen von lebensverlängernden Maßnahmen wie zum Beispiel das Abstellen eines Beatmungsgeräts.
- Indirekte Sterbehilfe meint die Inkaufnahme eines verfrühten Todes bei einer schmerzlindernden Behandlung im Einverständnis mit dem Erkrankten.
- Assistierter Suizid liegt vor, wenn ein Arzt einem Patienten bei der Selbsttötung hilft, indem er beispielsweise Medikamente beschafft und bereitstellt, die bei hoher Dosierung tödlich wirken. Der Betroffene nimmt dieses Mittel jedoch selbst ein.
- Aktive Sterbehilfe beschreibt das Töten eines Menschen mit dem ausdrücklichen Verlangen nach dem eigenen Tod, etwa durch das Verabreichen einer Spritze mit einer tödlichen Substanz.
Rechtliche Situation der Sterbehilfe
Die Sterbehilfe wird in Deutschland, der Schweiz und anderen Ländern der Welt rechtlich jeweils unterschiedlich bewertet und regelmäßig diskutiert.
- In Deutschland gab es zwischen 2015 und 2020 einen Paragrafen im Strafgesetzbuch, der die «geschäftsmäßige Beihilfe» unter Strafe stellte und damit den assistierten Suizid durch Vereine oder Ärzte illegal machte. Seit 2020 ist der assistierte Suizid nicht grundsätzlich verboten, aber auch nicht eindeutig geregelt, was immer wieder zu Debatten führt.
- In der Schweiz sind die passive Sterbehilfe, die indirekte Sterbehilfe und der assistierte Suizid grundsätzlich erlaubt. Das Strafgesetzbuch stellt lediglich die aktive Sterbehilfe unter Strafe. Voraussetzung ist aber stets die Urteilsfähigkeit und das Einverständnis der sterbewilligen Person.
- In Österreich ist die Beihilfe zum Suizid seit Anfang 2022 erlaubt, allerdings nur für dauerhaft schwerkranke oder unheilbar kranke Erwachsene. Es gelten strenge Vorgaben: eine medizinische Diagnose, Gespräche mit mindestens zwei Ärzten und eine Wartefrist von zwölf Wochen sind gesetzlich vorgeschrieben.
In wenigen weiteren Ländern, etwa den Niederlanden und Belgien, ist auch die aktive Sterbehilfe unter bestimmten Bedingungen legal. Die Niederlande waren weltweit das erste Land mit einer Ausnahmeregelung für Sterbehilfe durch Ärzte. In Belgien ist sie sogar gegenüber Minderjährigen jeden Alters zulässig.
Sterbehilfe bei Demenz: Ein ethisches Dilemma
Die Problematik bei der Sterbehilfe für Demenzkranke besteht darin, dass die meisten Gesetzgeber eine legale Sterbehilfe davon abhängig machen, dass der Betroffene im Moment der Entscheidung urteilsfähig ist.
Doch Demenzerkrankungen verlaufen über viele Jahre und beinhalten meist erhebliche psychische Veränderungen. Die Urteilsfähigkeit in fortgeschrittenem Stadium lässt sich schwer einschätzen. Ein Mensch mit Demenz müsste also in relativ frühem Krankheitsstadium sterben, lange bevor absehbar ist, wie der individuelle Verlauf tatsächlich sein wird.
Die meisten Ethiker und Sterbehilfeorganisationen lehnen deshalb Sterbehilfe bei Demenz ab. In den Niederlanden hingegen ist Sterbehilfe auch bei schwerer Demenz unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, sofern sie in einer Patientenverfügung klar formuliert wurde. Ein viel diskutierter Fall aus dem Jahr 2020 zeigte jedoch, wie fragwürdig diese Regelung in der Praxis sein kann.
© demenzworld/Kompetenzzentrum Demenz Schleswig Holstein/Desideria
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