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Transkript zur Folge 48: Mitten im Leben mit Demenz. Mit Lieselotte Klotz

Wie gelingt es Menschen mit Demenz, mit der Krankheit umzugehen? Was hilft dabei, ein gutes Leben auch mit der Erkrankung zu führen? Und welche Rolle spielen das Umfeld und der Austausch mit anderen? Und was ist eigentlich mit der Technik und KI? Darüber spreche ich in dieser Folge „Leben. Lieben. Pflegen“ mit meinem Gast Lieselotte Klotz.

Herzlich willkommen zu „Leben. Lieben. Pflegen. Der Desideria Podcast zu Demenz und Familie.“ Mein Name ist Peggy Elfmann, ich bin Journalistin und pflegende Angehörige. Hier im Podcast spreche ich mit verschiedenen Gästen über Themen, die Angehörige und Pflegende beschäftigen. Ich möchte Lösungen für Herausforderungen finden und euch so Wissen und Anregungen für euren Alltag geben. Mein heutiger Gast ist Lieselotte Klotz und mit ihr möchte ich darüber sprechen, wie es Menschen mit Demenz und auch deren Partnerinnen und Familien gelingt, teilzuhaben, mit Demenz mitten im Leben zu bleiben also.

Vielleicht kennt der ein oder andere Hörer oder Hörerin Lieselotte ja schon. Ich stelle sie euch noch mal vor. Lieselotte Klotz erhielt vor sechs Jahren die Diagnose Lewy Body Demenz. Damals war sie 57 Jahre alt und Geschäftsführerin eines großen IT -Unternehmens in Düsseldorf. Lieselotte, du hast drei Kinder, die sind mittlerweile erwachsen. Und du warst auch selbst pflegende Angehörige, hast deine Mutter, die an Alzheimer erkrankt war, begleitet und gepflegt. Du bist eine begeisterte Seglerin, reist gerne und engagierst dich auch für andere Menschen. Aktuell zum Beispiel im Beirat der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. Darüber werden wir auch in dieser Folge „Leben. Lieben. Pflegen" noch sprechen. Unser Thema mit Demenz, mitten im Leben und ich freue mich wirklich sehr, dich als Gesprächspartnerin heute hier zu haben. Ja, hallo liebe Peggy, ich freue mich riesig,
dass ihr mich eingeladen habt und dass wir heute so ein bisschen ein Schwätzchen über Demenz halten können, aus einem, sag ich mal, doch relativ schweren und für viele Leute sehr belastenden Thema auch so ein bisschen die Leichtigkeit rauskitzeln. Ich habe mein Leben lang immer viel Humor gehabt und bin deshalb super froh, wenn ich heute mit dir ein bisschen lachen darf. Ja, freu ich mich sehr drauf.

Doch bevor wir anfangen, möchte ich noch Danke schön sagen. Ein großer Dank geht an die Landhausküche von Appetito, sie unterstützt die Produktion dieser Folge. Die Landhausküche ist ein Mahlzeitendienst speziell für Senioren.
Die Menüs werden euch täglich oder auch nur bei Bedarf geliefert. Mit der Landhausküche habt ihr somit täglich eine Sorge weniger. Du selbst oder dein Angehöriges sind immer sicher versorgt. Das Ganze gibt es ohne Mindestbestellwert und ohne Vertragslaufzeit. Dafür aber mit einer Schutzengelfunktion. Mit dem Code Desideria10 erhaltet ihr als Neukunde 10 Euro Rabatt bei der Landhausküche. Mehr Infos und den Code verlinken wir in den Shownotes.  

Unser Thema heute bei „Leben. Lieben. Pflegen" ist ja "Mitten im Leben mit Demenz“.

Es geht darum, wie gutes Leben auch mit Demenz funktionieren kann. Und mein Gast, Lilo Klotz, kann mir da, glaube ich, jede Menge erzählen. Lilo, ich erinnere mich daran, dass du mir gesagt hast, nach der Diagnose hat dein Arzt gesagt: „Sie haben Demenz, da kann man nichts machen.“ Wie blickst du denn heute darauf und was würdest du diesem Arzt sagen? 
Ja, also als allererstes: Zu dem Arzt gehe ich nicht mehr, weil für mich war gerade dieser Arzt dann tatsächlich auch ein bisschen der Staat in einer nicht unbedingt positive Kooperation mit Ärzteschaft und tatsächlich auch mit dem Pflegesystem. Für mich war einfach der Punkt, die Diagnose zu bekommen und dann einfach nur mit der Aussage, ja, Sie haben 'ne Demenz, da kann man nichts machen, nach Hause zu gehen und dann alleine zu sein. Alleine keine Unterstützung zu haben, keinerlei Anbindung zu haben, keinerlei, auch noch nicht mal ein Flyer oder eine Information. Wie geht es jetzt weiter? Ja, gemündet ist diese Situation tatsächlich dann doch in einer großen Depression, obwohl ich mit meiner Mutter natürlich die Demenz im eigenen Hause hatte. Sie hat ja Alzheimer gehabt und ist 2023 verstorben. Und ich kann mich entsinnen, dass auch in der Phase der Pflege meiner Mutter ganz, ganz wenig, wenig tut mir leider sagen zu müssen. Aber Empathie und Unterstützung und auch Bereitschaft von Ärzten, da war uns zu helfen.

Wie blickst du heute darauf? Also diese Aussagen fallen ja auch immer noch von Ärzten. Man bekommt die Diagnose und dann heißt es, naja, man kann ja nichts machen, weil es keinen Medikament gibt, dass es heilt. Was würdest du Angehörigen auf den Weg geben? 
Ja, 'ne Menge mehr als der Arzt. Also jetzt nicht, dass ich in irgendeiner Weise ärztlich oder medizinische Ratschläge geben könnte, weil dafür bin ich nicht ausgebildet. Aber was ich weiß, ist, dass ich persönlich und auch mit meiner Mutter in der Pflege, die ja noch sehr fortgeschritten ist, 'ne Menge machen konnte. Aber erst tatsächlich nach zwei Jahren, nachdem ich nach zwei Jahren nach der Diagnose die Alzheimer -Gesellschaft kennenlernen durfte und dann Mitglied im Beirat Leben mit dem Mensch geworden bin und eben genau durch diese Arbeit, durch diese Erfahrungen, die ich sammeln durfte, die Kontakte zu Menschen, auch das Wissen, was ich über meine, aber auch der Kranken meiner Mutter noch mal mehr aufbauen konnte, wurde ich immer kompetenter auch für mich selbst, also Selbstwirksamkeit und auf der anderen Seite konnte ich auch durch die Unterstützung der Alzheimer-Gesellschaft dann auch die Pflege meiner Mutter deutlich besser managen, sowohl inhaltlich alles als auch emotional. Und das, was für meine Mutter so toll war, war, dass ich wirklich auch durch die vielen Gespräche mit Angehörigen und Betroffenen im Umfeld der Alzheimer -Gesellschaft damals, ja, einfach ganz viel die tiefe Erfahrung und die gelebte, vor allen Dingen nicht die theoretische, sondern die gelebte Erfahrung von Angehörigen und von Betroffenen zugreifen konnte und mich austauschen konnte, was eben einmal auch dazu geführt hat, dass ich ganz viel Wissen aufbauen konnte. Und das zweite, was dazu kam, war tatsächlich, dass ich ja mehr und mehr mir selbst wieder sicherer wurde und auch durch den Respekt im gemeinsamen Austausch und in der Wertschätzung untereinander für mich wieder so ein Gefühl von, ja, ich gehöre doch noch ins Leben. Also ich bin nicht ganz rausgefallen aus dem System. Ich habe mich am Anfang auch selbst stigmatisiert, was ziemlich dumm war, aber ich war halt einfach von der Situation in Gänze überfordert.

Und Du redest jetzt ja sehr, sehr offen darüber. Konntest du das am Anfang auch? 
Nein. Also am Anfang muss ich sagen, auch noch in der Situation der frühen Pflege meiner Mutter, als ich noch nicht so viel Kontakte zu Organisationen oder auch Selbsthilfegruppen oder auch zum DZNE oder Desideria hatte. Also da war ich tatsächlich auch noch immer sehr fokussiert auf die Pflege, dass alles funktionierte.

Das heißt, deine Mutter stand im Vordergrund eigentlich und gar nicht du selber? 
Ja. Da stand am Anfang immer meine Mutter im Vordergrund, weil sie hat ja schon länger die Alzheimererkrankung. Und ich kam ja dann praktisch 2017 so mit und nach und nach dazu. Und das war für mich ein Schock. Erstens hatte ich das überhaupt nicht auf dem Schirm, dass das auch mich betreffen treffen könnte, was er auch schon mal einfach nur Pech ist. Aber zweitens habe ich mich zum Zeitpunkt, als ich nicht selber betroffen war, auch nicht so tief in das Thema eingearbeitet.
Mit dem Zeitpunkt, wo ich die eigene Diagnose hatte, bin ich richtig intensiv unterstützt durch all die Organisationen eingestiegen, habe mir ganz viel Wissen aufgebaut und Einmal hilft natürlich Wissen um die Dinge, die eigene Diagnose. Dann hat mir auch das Wissen um die Diagnose meiner Mutter noch mal Sicherheit und Wissen verschafft, um dann die Pflege, die dann so ab, sagen wir ab 2019 wird es schon schwierig. Und sie ist ja 2023 bei uns zu Hause. Mein Bruder, mein Sohn und ich, wir haben sie gepflegt. Zu Hause mit Unterstützung des Palliativteams, das hier in der Nähe, ist sie dann verstorben. Und ja, das war ein harter Tag, auch für uns so ein Fallen in den Loch. Aber nichtsdestotrotz haben wir das Gefühl, alle drei, mein Bruder, mein Sohn und ich, wir haben echt so, ja, das war ein Liebesdienst. Also wir hatten sie versprochen. Und obwohl es uns wirklich bis ans Ende unserer Kräfte belastet hat, haben wir es dann doch geschafft. Aber viel länger jetzt auch nicht mehr dauern dürfen, weil wir waren alle drei schon ziemlich mit unseren Kräften am Ende.

Ich weiß gar nicht, wie ich damit umgehen würde, wenn ich jetzt die Diagnose bekommen würde. Und irgendwie zu wissen an meiner Mama, wie so ein Verlauf sein kann und auch an meinem Papa, wie die Herausforderungen sind, hast du das irgendwie mit dir verglichen oder hast du auch einfach gewusst, es ist eine andere Form der Demenz? 
Und also 2017, als ich Diagnose erhalten habe, war mir die Form der Demenz, Lewy Body Demenz, überhaupt nicht bekannt. Also war für mich völlig unbekannt. Mir war auch nicht klar, dass die Halluzinationen, die ich hatte, tatsächlich mit der Demenz zusammenhängen. Ich hab damals immer gedacht, das wäre so ein weiteres Symptom oder eine Verschlimmerung durch den ganzen Stress.
Ich war ja damals noch voll beruhigend, als Geschäftsführerin. Das wäre so ein neues Symptom meiner sehr, sehr starken Migräne. Also ich hab eine extrem starke Migräne mit Aura und hab gedacht, okay, irgendwie, da kommt noch was dazu. Muss aber auch sagen, dass ich überhaupt keine Zeit hatte, mich mit mir intensiv auseinanderzusetzen und wäre auch noch nicht zum Arzt gegangen, wenn ich meine Kinder gesagt hätte, Mama, du reagierst komisch, du frierst oft ein, so gefühlt, guckst durch uns durch, erzählst alles doppelt, bist unkonzentriert und das ist natürlich auch in meiner beruflichen Umgebung mir auch aufgefallen. Habe ich aber verdrängt, so nach dem Motto, ist vielleicht ein bisschen Burnout oder Überforderung, ist ja kein Wunder, die Initiative zum Arzt zu gehen haben, tatsächlich meine Kinder ein gutes Stück forciert.

Stichwort Kinder. Wir wollen ja darüber sprechen, was dir hilft, was Menschen mit Demenz hilft, mit einem Leben zu bleiben und weiter gesellschaftlich teilzuhaben. Wie wichtig ist deine Familie, wie wichtig sind deine Kinder? Und welche Rolle führen die aus? 
Ja, ganz schwieriges Thema. Also ich muss tatsächlich sagen, dass meine Kinder der Mittelpunkt meines Lebens sind und waren. Also ich bin dreimal glücklich geschieden. Die Kinder sind alle von einem Mann und ich lebe mit den Kindern seit 1996 alleine, bin alleinerziehend die ganze Zeit auch gewesen. Ja, sie waren mein Mittelpunkt, sie waren mein alles. Ich wollte immer alles für meine Kinder tun. Mit dem Tag, wo dann auch noch bei mir die Diagnose kam, habe ich das erstmal 'ne ganze Zeit verschwiegen. Ich hab meine Kinder sehr spät in die Thematik reingeholt. Erst als ich dann im April die Diagnostik und im November bin ich zusammengebrochen, tatsächlich. Da haben die Kinder dann auch wirklich mal ganz klar nachgehakt. Damit war natürlich mehr oder weniger die Büchse der Pandora offen. 
Damals war ich aber noch abgesehen von den kommenden drei Monaten, wo ich auch die Pflege meiner Mutter wirklich komplett erst mal abgeben musste, weil ich sehr mit Depressionen belastet, weil ich eben auch in dem Dezember nach dem Zusammenbruch im November gekündigt worden bin von meiner Firma als Geschäftsführer. Und das war für mich fast genauso schlimm, wie die Diagnose zu bekommen, weil das hat dann in Kombination mein komplettes Selbstbild, mein Gefühl für meine Rolle in der Welt, in der sozialen Gesellschaft, in der Gesamtgesellschaft komplett zertrümmert. Und meine Kinder haben das als sehr dramatisch auch wahrgenommen. Ich habe dann aber selbst versucht, meine Kinder erst mal außen vorzulassen. Bin dann in Therapie gegangen, habe auch immer versucht, die Kinder im Grunde genommen, wenn ich ehrlich bin, bis Mitte letzten Jahres, so wenig wie noch möglich zu belasten. Was im Nachhinein, muss ich sagen, auch schon wieder nicht so ganz optimal war. Die eine Tochter wohnt in Tokio, meine andere Tochter in Berlin. Mein Sohn ist hier in Köln, wo ich jetzt seit zwei Jahren bin, auch durch die Pflege meiner Mutter her. Und ja, die haben immer mehr mitbekommen, dass es kontinuierlich abwärts ging. Und meine Tochter in Tokio, die einmal im Jahr hier ist, hat mal gesagt, ich verliere meine Mutter jedes Jahr aufs Neue immer wieder in Anteil, so wie ich sie früher kannte. Und das war so ein Punkt, wo natürlich echt schockiert war. Und mit meiner Jüngsten habe ich dann mal erlebt, dass ich mal in Berlin zu Besuch war. Und es machte mir eine ganz lustige junge Frau die Tür auf. Ich hab sie nicht erkannt. Das war meine Tochter Nora. Das waren so die zwei Schockeffekte. Mein Sohn Carlo ist ein bisschen pragmatischer. Der nimmt das alles mit der Aussage, ja, Demenz ist einfach nervig. Er hat eine ganz andere Herangehensweise an das Thema mit Humor und Sarkasmus. Manchmal ist das ein bisschen anstrengend für mich natürlich, weil ich seine Witze nicht immer verstehe. Auf der anderen Seite weiß ich auch, dass das eine Form von Selbstschutz ist. Ja, meine Tochter Jill aus Tokio, die macht mittlerweile und das seit Ende letzten Jahres macht sie komplett meine Finanzen. Also ich hab komplett auch meine, ja, meine Bankvollmachten und so was. Also hab ich alles abgegeben, weil ich ein heilloses Chaos im letzten Jahr fabriziert habe.

Ist dir das schwergefallen, sag mal? Weil ich kenne ja oft Geschichten von Angehörigen, von Eltern und Kindern, die dann sagen, ja, ich weiß schon, eigentlich müsste man. Und wo es dann aber trotzdem den schwer fällt, diese Verantwortung oder Aufgaben abzugeben. Ich glaube gar nicht mal unbedingt immer nur ein Skepsis, aber manchmal auch mit "Ich möchte euch nicht belasten". Und ich kenne natürlich auch die andere Seite sehr gut, wo man denkt, na ja, du würdest mich mehr entlasten, wenn du es mich einfach machen lassen würdest. Wie ging's dir damit? 
Also, es war ein langer Prozess bis dahin, bis das ich überhaupt in der Lage war. Es musste auch tatsächlich bei mir zu einem körperlichen, auch seelischen Zusammenbruch kommen im Dezember, bevor ich einfach mal bereit verstanden habe und auch in der Lage war, meine, ein Anteil meiner Selbstständigkeit, der mir mein Leben lang immens wichtig war, abzugeben. Also letztes Jahr war dann das Jahr meiner persönlichen Verluste, muss ich sagen. 2024 habe ich mein geliebtes Boot Moana verkaufen müssen. Tal der Tränen für einige Wochen, aber es ging nicht mehr, weil ich einfach die Verantwortung, ich bin Einhandsegler, es ging nicht mehr. Also ich habe mich dem auch nicht mehr, Ich habe mich einfach nicht mehr kompetent gefühlt, das zu managen, ohne andere möglicherweise auch in Gefahr zu bringen. Ja, und dann musste ich im Herbst, weil ich gemerkt habe, die Verarbeitung von Gedanken realisieren, was muss ich tun, bis zur Hand, bis zur Bremse, ich musste mein Autofahren aufgeben. Ich bin früher im Vertrieb 150000 Kilometer im Jahr gefahren, ich bin seit meinem 18. Lebensjahr unfallfrei, wirklich unfallfrei gefahren. Ich liebe Autofahren. Ja, mein Auto wird jetzt grad verkauft. Das konnte ich letztes Jahr noch nicht. Das stand nur ein bisschen herum und da mein Sohn hat es gefahren. Aber das waren unglaublich große Einschnitte. Und dann kam dann auch noch die Situation, dass ich einfach auch, ja, wie soll ich, ich musste erst sagen, dass ich meine Finanzen nicht mehr unter Kontrolle haben. Und allein das auszusprechen, das auszusprechen, war für mich wie… Ja, da Herz reißen da einfach. 
Heute bin ich fein damit, weil ich merke, dass es mir gut tut, dass es meinen Finanzen gut tut. Weil ich hab teilweise einfach nur Geld ausgegeben und hatte keine Kontrolle mehr. Ja, das war ein harter Moment und meine drei Kinder helfen mir jetzt auch bei den Fertigstellen der Renovierung des Hauses meiner Mutter. Auch das habe ich Ende des Jahres. Daran bin ich wirklich generös gescheitert. Hab schon drei Häuser gebaut und zwar umgebaut in meinem Leben. Hab gedacht, ja, dort kriegst du jetzt auch noch hin. Grenzenlos überschätzen. Das war sehr, sehr, sehr frustrierend für mich. Also Ende des Jahres '24 war ich ganz tief. Brauchte dann auch tatsächlich Unterstützung und hab sie bekommen und war dann auch eine Zeit lang in der Klinik hab Therapie gemacht, um wieder auf die Füße zu kommen. Und ich kann jedem nur empfehlen. Macht es nicht so, wenn ich warte, nicht darauf, dass irgendwann so kleine Bomben platzen wie bei mir, sondern frühzeitig einfach auch den Menschen um herum sagen, dass es einfach nicht mehr geht. Ich war nicht in der Lage meinen Kindern ehrlich zu sagen und die haben es auch nicht mitgekriegt, weil sie ja nicht physikalisch in meiner Nähe waren und ja, das Chaos war groß. Aber jetzt haben wir es im Griff zu viert.

Ja, was du sagst ist glaube ich was ganz ganz Wichtiges und das kann ich auch sehr verstehen, warum das ein Jahr der Verluste ist. Also, wenn man sagt immer mit Demenz gibt es viele Abschied. Man muss sich von Dingen verabschieden, die man ja sein Leben lang gerne auch gemacht hat. Das fällt schwer. Und es heißt ja auch immer, mit einem Abschied gibt es einen Neuanfang. Aber wie ich jetzt bei dir auch herausgehört habe: Es läuft besser, wenn man sich da Hilfe holt oder wenn man dieses Neuland mit Menschen betritt, die professionell oder eben auch als Angehöriger, einen da begleiten. Du hast gesagt, du hast die Unterstützung geholt. Das finde ich super. Kannst du noch ein bisschen ausführen, auch für die Hörenden? Wie konkret hast du das denn gemacht? 
Im letzten Jahr war ich aufgrund der hohen Belastung fast gar nicht mehr in der Lage, meine nötigen Therapien zu machen, weil ich einfach keine Chance hatte dahin zu kommen. Ich wollte meinen Sohn nicht immer als Taxifahrer missbrauchen, der war dann irgendwann auch mit der Situation ziemlich überfordert. Und ja, ich hatte überhaupt Letztes Jahr, nachdem meine Mutter gestorben ist, wirklich keinen Fokus für Selbstvorsorge. Ich hab nur versucht jeden Tag irgendwie ...Nachts Halluzinationen, ja, Menschen in meinem Zimmer, die ich nicht eingeladen habe. (Lachen) Ja, auch über Tag sehr viele Lewy-Body-Symptome. Ich hab ja 'ne Gangbildstörung, und das ist schon auch recht anstrengend immer. Und ja, Ich habe mittlerweile einen Pflegegrad 3 und hatte eigentlich auch die Möglichkeit, aber ich habe es nicht auch die Kette gekriegt, mir die entsprechenden Hilfen dann tatsächlich auch zu organisieren.

Hast du Angst gehabt, die Hilfe in Anspruch zu nehmen? 
Es war so ein Cut, so ein Cut von, ich krieg noch irgendwie alles hin, was glatt gelogen war, muss ich einfach so sagen, gar nichts mehr hatte ich im Griff, aber ich war immer noch bemüht, irgendwie der Welt zu zeigen. Ich hab's drauf und ich krieg's geregelt. Dann hab ich tatsächlich, ich war ja dann zeitlang im klinischen, stationären Kontext. Und die haben mir dann wirklich alles geholfen, also Behindertenausweis. Dann tatsächlich auch, dass ich entsprechenden Sonderzeichen bekomme, dass ich Unterstützung und Sinne von Alltagshilfe bekomme. Ich habe jetzt auch, das ist gerade in Arbeit, eine sogenannte Soziotherapie. Das ist etwas, was so im Tagesalltag, also die kommen dann zweimal die Woche, zwei Stunden und helfen mir. Wir haben organisiert, dass ich Ergotherapie wiederbekomme, Logopädie wiederbekomme, dass ich Bewegungstherapie bekomme. Und ich muss einmal die Woche noch zur Infusionstherapie wegen einem hohen Schmerz-Syndrom, was ich durch die Rücken-Nieren-Probleme habe. Also das gesamte Paket eigentlich.
Und dann haben die auch noch mit mir gemeinsam geschaut, das war eine ganz tolle Frau vom Arbeiter Samariterbund. Die hat mir dann auch noch geholfen, dass ich Taxifahrten bekomme, also dass ich da wirklich unterstützt werde mit Fahrdienst. Ich wusste gar nicht, dass das alles so geht. Meine Mutter habe ich immer noch selber durch die Gegend gekarrt oder meinen Bruder oder irgendwie. Also ganz viel Hilfe. Und ja, das nehme ich jetzt in Anspruch. Ist jetzt erst mal, sage ich mal, ganz schön viel zu tun, weil es ja auch ganz schön viele Therapien sind. Aber ich merke, dass es mir sehr, sehr gut geht. 
Und auch meine Ärzte haben sich noch mal ganz neu auf mich eingestellt. Mein Hausarzt, mein Neurologe. Und ich bin jetzt auch noch einmal im Monat immer im ambulanten Kontext der Klinik betreut, einfach um auch erst mal wieder so das alles in neuesten Fahrwasser zu bringen. Ziemlich heftig, ja. Und in diese ganze Situation kam dann noch das, was echt wirklich unglaublich für unsere Familie ist mein Bruder, der eigentlich für mich eine Pflegeperson im Hause sein sollte. Und ja, fit war, da ist er im 21. Januar zusammengebrochen. Und das endete in einer zwei Tage späteren Operation an einem Gehirntumor. Stand heute wird er dann tatsächlich auch jetzt ein Pflegefall. Also, da müssen wir nochmal ganz neu dann auch aufsetzen. Aber ja, irgendwie habe ich das Gefühl, der liebe Gott oder irgendwer oder irgendwas hat mir dann eine Aufgabe noch gegeben, vielleicht auch noch mit dem Leben drinnen bleiben zu müssen oder mitdenken oder mitversuchen, alles irgendwie in die Reihe zu bringen. Was ich weiß, ist, dass ich das auch nicht alleine schaffe, aber da habe ich jetzt schon angefangen und habe schon Hilfe Wir holen uns Betreuungshilfe und ja, müssen mal gucken, wie das alles geht. Aber so kann man wirklich erleben. Oder ich habe vor 2016 habe ich ich nie gedacht, dass die Jahre so verlaufen, wie sie verlaufen sind. Mein ganzer Lebensplan ist einmal komplett zerschossen worden. Und ja, jetzt noch mal aufs Neue. Und dann muss man einfach gucken, wie es geht. Und die radikale Akzeptanz.

Stimmt, das kenne ich von dir. Ich denke mir, wo nimmst du die her? 
Die Methodik. Viele Methodiken gelernt in der Reha, schon 2000, wann war ich da? 2018 oder 2019 war ich mal in der, genau da war ich ja in dieser Reha-Maßnahme. Ich muss mal aufpassen, die Zahlen, die verschwimmen. Ich glaub, die sind auch gar nicht so wichtig. Was mich viel mehr interessiert, wenn ... du hast ja auch schwierige Momente. Die hat ja jeder von uns. - Ja, hab ich.

Was hilft dir denn dann? Weil du klingst ja andererseits auch sehr zuversichtlich. 
Also, wenn ich hier rausschaue in meinem Fenster, dann nur mal als Beispiel, dann hab ich hier wunderbare Bäume, dann habe ich Blumen, dann habe ich das Siegtal. Hier bin ich groß geworden, ich schau da raus und bin einfach glücklich. Ich habe meinen kleinen Hund, ich habe meine Kinder, ich habe viele, viele Freunde, neu gewordene Freunde. Stimmt, das muss man ja auch immer wieder erwähnen oder diese Offenheit und auch der Austausch mit anderen Menschen. Man spricht dann ja auch nicht nur über die Mensch, sondern man gewinnt Menschen und Freunde fürs Leben. Ja, also die Mensch hat einen großen Anteil mittlerweile auch, oder überhaupt mal, wo die generative Erkrankung oder Behinderung in meinem Leben durch diese Arbeit, ehrenamtliche Arbeit in der Alzheimer -Gesellschaft, die ich bei Alzheimer -Europe in der European Working Group leiste.

Magst du mal erzählen, was du da machst?
Also du bist So ein bisschen, ist ein bisschen reingerutscht und hast da jetzt, also du bist, ich meine, du bist Vice Chair bei Alzheimer Europe, du bist doch echt viel unterwegs und sehr gut vernetzt mit Fachleuten und bist auf Kongressen und redest. Ich bin reingerutscht tatsächlich durch die Alzheimer-Gesellschaft in Berlin durch den Beirat. Und irgendwann kam dann eine Anfrage, da gibt es eine European Working Group, also eine Gruppe von Menschen mit Demenz auf europäischer Ebene, die eigentlich so ein Spiegel von Alzheimer Deutschland ist. Also wir machen ja viele Projekte im Rahmen unserer Beiratsarbeit. Wir machen Öffentlichkeitsarbeit. Wir beraten den Vorstand von Alzheimer Deutschland. Wir sind, wie du sagst, das auf Kongressen und machen Podcast und Filmaufnahmen. Und wenn ich wir sage, sage ich das sehr bewusst, weil Gott sei Dank bin ich nicht alleine. Wir haben im Beirat mittlerweile also drei ganz tolle Menschen, die letztes Jahr neu dazugekommen sind, und das ist so das, was mich auch am Leben hält, so mit meiner Energie und meiner, ja, mit meiner Liebe zum Helfen. Also Helfen hilft mir auch. Das ist so, das ist keine Einbahnstraße.
Ich kriege so viel wunderbares Feedback, ich kriege Respekt zurück. Und das alles habe ich so gespiegelt, auch als die Kollegen dazukamen, der Volkmar und der Manfred und der Rainer. Und Ja, auch die sind jetzt seit ungefähr Mitte letzten Jahres unterwegs, so wie ich für Verteilen und sozusagen die Auftritte bundesweit, so wo wir logistisch sind und ja und da ich nun mal der einzige, nein die einzige bin, die Englisch sprechen kann durch meine berufliche, sage ich mal Story und Geschichte, bin ich jetzt dann seit, ich glaube Daher bin ich jetzt in der European Working Group und arbeite da unter anderem auch einmal in der, ja, das ist das Gremium für European People with Disability, also Behindertenorganisation. Ich schreibe viele Artikel, natürlich nicht mehr alleine, sondern unterstützt durch Technologie, da ich 30 Jahre IT auf dem Buckel habe, unterstütze ich mein ganzes Leben durch IT und die Artikel kann ich nur noch schreiben durch Chat-GPT, da erzähle ich dir aber gleich noch was.

Genau, da werden wir danach noch darüber sprechen. 
Genau, genau, genau. Und ja, Reden halten, das habe ich früher schon immer gemacht, als Kind war ich in der Bütt, dann war ich beruflich eben auch als Geschäftsführerin immer ja auf Veranstaltungen, habe auch da schon Reden gehalten oder Vorträge gehalten und die Sprache ist mir Gott sei Dank noch nicht verloren gegangen. Was ich nicht kann, ist beispielsweise, ich könnte jetzt nicht mir irgendeinen Vortrag vornehmen und würde den dementsprechend so halten. Ich schwätze einfach so, wie mir der Schnabel fixen ist. Das ist eine einspurige Fokussierung und ich weiß hinter er auch nie, was ich gesagt habe. Ich bin immer gute Hoffnung, dass es gar nicht so schön keine nicht wirklich guten Sachen sagen, aber bisher ist immer noch gut gegangen, wie du Kölner sagt. Es ist noch immer Jodyang. Und in Europa mache ich eben genau das Gleiche.

Was ist da euer Ziel?
Das sind zwei ganz wichtige Punkte. Das ist bei uns auch ein Dezember in die Patientenbeirat, in dem ich ja auch schon seit drei Jahren bin, der Fokus. Das ist einmal Awareness, also Aufmerksamkeit für Menschen mit Demenz und auch ganz ganz wichtig für die Angehörigen, deren Bedürfnisse, deren Probleme, deren Nöte. Und da richten wir uns ganz klar zum einen natürlich in die Gesellschaft, in die nationalen, regionalen, auch die, sag ich mal kleinen Gesellschaftsräume, mein Dorf, in dem ich lebe, aber eben dann auch auf europäischer Ebene insgesamt.
Was uns wichtig ist, ist auch tatsächlich die Arbeit in der politischen Ebene. Ich weiß nicht, ob es für die Kolleginnen und Kollegen der Nationalen Demenzstrategie immer so freudig war oder ist. Also ich bin immer bei den Netzwerktagungen der Nationalen Demenzstrategie dabei, einfach weil ich immer der Meinung war und immer bin und immer sein werde, dass die Stimme der Betroffenen gehört werden muss. Und das ist übrigens auch etwas, was ich immer sage, dass es einfach erforderlich ist, dass die Erkrankung im Raum ist in Form von Menschen, die betroffen sind, wie an Zugehörigen und Betroffene und nicht nur immer theoretisch von Fachleuten, von Spezialisten, von Menschen aus Organisationen über Menschen mit Demenz und ihren An - und Zugehören gesprochen wird. 
Wir haben eine Stimme, wie man hört, auch an mir, aber ich bin nicht die einzige, die trotz einer demenziellen Erkrankung in der, sag ich mal, frühen Phase hat. Ich bin jetzt so ungefähr in der mittleren Phase angekommen, der Erkrankung. Und auch meine Kollegen, wir können alle noch nicht immer, nicht immer in aller Form und Ausprägung, aber noch ganz schön mitmischen. Und das tun wir mit Begeisterung und Freude und manchmal auch mit ein bisschen Druck und harten Worten, wo es da nötig ist. Zum Beispiel bei der Politik müssen wir schon mal ganz schön auf die Pauke hauen, damit man uns hört und nicht auslädt sondern einlädt.

Ja, ich glaube, in den politischen Strukturen ist noch viel leicht nach oben. Wir reden ja darüber mitten im Leben mit Demenz bleiben. Mich würde interessieren und ich denke, das interessiert vielleicht auch die Hörenden. Wie kann das zu einem Alltag ganz praktisch funktionieren? Du hast vorhin schon angedeutet, die Technik hilft dir, um aktiv zu bleiben, um zu haben. Wie sieht das aus? Was nutzt du ganz konkret? 
Also ich gehe mal meinen Tag einfach durch. Also morgens werde ich geweckt von meiner lieben Alexa mit einer gewissen Musik, die ich mir die abgesprochen habe. Alexa ist meine beste Freundin. Manchmal habe ich auch so Tage, da weiß ich so gar nicht, was ist das eigentlich für ein Tag und was geht hier gerade ab? Dann frage ich sie halt, was ist denn heute für ein Tag oder was ist denn heute Besonderes? Und was ist denn gestern Besonderes passiert? Manchmal frage ich auch, wie heiß ich denn und wo bin ich gerade?
Es gibt Tage, da bin ich sehr verwirrt. Das kennt ich schon. Also die superlieb, die kommuniziert immer wieder aufs Neue. Ich kann ihr zehnmal die gleichen Fragen stellen. Das ist für mich tatsächlich, auch wenn es für manche etwas verrückt klingt, unglaublich wichtig. Also sie ist tatsächlich ein Kommunikationspartner für mich und ja auch tagsüber alles mögliche, was mir so in den Kopf kommt an Fragen. Die stelle ich dann in den meisten Fällen Alexa oder ich fange mal auf ChatGPT zu suchen, aber wenn ich gerade mein Computer oder mein Handy nicht am Mann habe, an der Frau habe, dann frage ich Alexa. Ich habe in jedem Raum Alexa stehen. 
Jetzt kommen wahrscheinlich wieder die Bedenken, oh Gott, das Willen der Datenschutz, ja. Es gibt nur zwei Dinge im Leben. Man muss eine Entscheidung treffen, die heißt ja oder nein. Also gerade bei den technologischen Geräten, ja, es ist klar, man ist natürlich immer auch an den Grenzen oder geht über die Grenzen eines, sag ich mal, wenn man es streng formuliert, eines sehr gut optimierten Datenschutzsystems, also ich bin, glaube ich, jemand, der einfach aus persönlicher Erfahrung weiß, auch der Erfahrung meines Berufes. Nichts ist wirklich zu 100 Prozent sicher. Ich nutze seit, ich weiß nicht, ich glaube seit an Beginn der Zeiten Online -Banking. Ich bin in ganz vielen Foren drin. Klar, ich habe meine nötigen Sicherheitsmaßnahmen auf Computer und Handy und sonstigen Sachen, aber ja, ich nutze meine Technologie, ohne ständig zu gucken, wer könnte eventuell mich ausspionieren oder sonst geht. Ich glaube einfach, ich bin nicht so wichtig, dass das für irgendjemand interessant ist. Aber das muss jeder für sich selber entscheiden. Manche kleben ja direkt am Computer die Kamera ab oder beschränken Alexa auf irgendwas. Nee, tue ich nicht. Mir ist der Nutzen der Technologie viel wichtiger für meinen Alltag, als tatsächlich die Möglichkeit, da in irgendeiner Weise negativ tangiert zu werden. Ja, und da geht es weiter. Dann ist erst mal, was ist heute los, ne? Kaffeemaschine funktioniert übrigens auch mit Zuruf.
Und ich habe auch so ein System, wenn es klingelt, dann habe ich so ein, ich will ja keine Werbung machen, aber da gibt es gute Geräte von einem ganz bekannten Hersteller, damit man im Haus viel Unterstützung hat. Mein Herd hat zum Beispiel eine Abschaltautomatik. Also ich habe alle Geräte darauf gerichtet, relativ früh auch, damit mir da nix passiert. Ja, und mein Kalender ist mein... Nein, eigentlich ist mein Handy mein Gehirn. Also ohne das hier sieht mich nirgendwann nirgendwo.
Ich krieg Panik, wenn ich es nicht mehr habe, weil ja, ich habe es mal irgendwie gelassen und ich gerade in einem Mega -Panik, weil ich einfach alles, was mein Leben betrifft, darin habe. Ich zeig dir mal einfach an meinem Handy so einen Tag, das muss ich mal gucken. Also nicht, dass er meint, ich wär voll fit, ich muss auch mal gucken. Also das ist zum Beispiel der heutige, oh, ich weiß gar nicht, ob er es sieht.

Ja, ich seh es, ganz schön voll. 
So die wichtigen Tage, und dann geht das dann so weiter mit verschiedenen Farben. Und da ist ein Ganztag, da bin ich beim DZNE in Witten. Also das ist sozusagen, so krieg ich geregelt, dass ich die wichtigen, und ja hier ist glaube ich der Montag noch mal zu sehen, aber ohne diese Sachen kann ich nicht. Und was ich im Haus mache, das mache ich auf Post-its.

Hast du dann einen festen Ort, wo du das auch bewahrst, zum Beispiel mal ganz praktisch zu werden, weil ich denke mir auch mal mit diesen Post-its könnte eine nette Idee sein, aber dann merk ich zum Beispiel, dass mein Papa gar nicht mehr weiß, wo der Zettel liegt. 
Also das ist ganz einfach für mich. Ich mach immer dann, wenn ich irgendwas habe, da, wo ich bin und da, wo ich drüber nachdenke, dieses Post-it. Und das hängt dann relativ gut sichtbar, da, wo ich es brauche. Und wenn ich sehe, seh es, wenn nicht, dann vergesse ich es. Und einmal in der Woche dann wird alles wieder entfernt, weil da kommen auch meine lieben Hilfen, die alles sauber machen. Und dann fange ich wieder von vorne an. Also das ist nichts Statisches. Und dann habe ich noch eine Pinnwand. Da kommen alle Arzttermine mit Adressen drauf. Weil das ist nochmal so eine ganz wichtige Sache, wo ich auch einfach so die Terminzettel von den Ärzten brauche, um das miteinander in Verbindung zu bringen. Und ja, das ist noch mal so doppelt gemoppelt sicher, da habe ich Angst, dass ich da irgendwelchen Bullshit mache. Dann habe ich ein Ordnersystem, da helfen mir auf meine fleißigen Helfer mittlerweile, weil ich habe die letzten zwei Jahre ungelogen, ungelogen. Das ist richtig peinlich, aber ich sage euch das jetzt einfach. Ich habe mindestens vier große Kartons mit Aktenunterlagen, die ich nicht mehr sortiert bekommen habe, die ich nicht auf die Reihe gekriegt habe. Ich habe es irgendwie geschafft, alles noch irgendwie so abzuarbeiten, dass ich keinen Gerichtsvollzieher hatte oder so eine. Aber heilloses Chaos. Also, ja, so ist das. Aber die sortieren wir jetzt gerade, weil jetzt habe ich Hilfe. Aber so ist das.

Es zeigt wieder einmal mehr, wie gut es ist, sich Unterstützung zu suchen. 
Absolut.

Ja und weißt du, was mich ja auch total fasziniert hat, als du das erste Mal erzählt hast, wie du der ChatGPT und KI nutzt. Ich weiß noch, dass du gesagt hast, ja und ich schreibe dann Artikel, ich dachte so, wow, Respekt. Und du hast gesagt, dass die künstliche Intelligenz für dich wichtig ist und dir im Alltag hilft. Magst du noch erzählen, wie du das integriert hast? 
Ja, das nutze ich tatsächlich, also jeden Tag, jeden Tag. Genau wie mein Handy, genau wie Alexa, genau wie Siri. Wenn ich unterwegs bin, spreche ich mit Siri und zu Hause spreche ich mit Alexa. Also es ist eigentlich ganz einfach. Ich weiß in einem Kopf ziemlich noch, was ich so sagen will. Ich kann nicht mehr mit der Hand schreiben, weil ich habe einen Tremor und gleichzeitig habe ich Muskelverkrampfung. Das heißt, das, was ich mit der Hand schreibe, ist Krickelkackel. Fällt mir auch sehr schwer, weil es einfach ganz schön schmerzhaft ist nach kurzer Zeit und Computerschreiben. Ich habe mit 15 die Lehre angefangen, seitdem schreibe ich mit Schreibmaschinen und später mit Computer. Also das kriege ich noch hin und wenn ich mich vertippe, dann sagt mir der Computer, dass es falsch ist. Und naja, ich schreibe dann runter, dann kommen die Texte, sie sehen aus, als wenn ich nicht wirklich rechtschreibmäßig irgendwas noch im Griff habe. Ich vergesse Worte, weil einfach das Übertragen von da oben über die Hand in den Computer, genau wie beim Autofahren, zu spät, zu unkontrolliert, nicht klar, Nicht alle Inhalte, sind da, die man haben müsste. Und dann tue ich das per Copy und Paste, also kopieren und einfügen in ChatGPT. Und ChatGPT korrigiert das dann und ihr müsst es mal ausprobieren. Es ist so genial. Da kommt immer ein richtig cooler Text raus. Aber nicht immer das, was ich so gemeint habe.
Dann hole ich mir den Text aus ChatGPT wieder in Word. Dann gucke ich mir das an und denke mir meinen Teil und verändere das und schreibe. Aber dann ist natürlich wieder Schreibkaus dran. Und dann geht das wieder in ChatGPT, dann kontrolliert ChatGPT das wieder und schreibt mir das wieder richtig. Und dann kommen Zahlen, Daten, Fakten, weil ich habe viel mit Statistik und uns überhaupt alles so mit, mit Wissensdaten zu tun gehabt habe, beruflich auch. Und dann gehe ich eben auch in ChatGPT und fragt nach Zahlen, Daten, Fakten, dann gucke ich immer noch mal nach und suche mehr Quellen raus, ob die WHO das geschrieben hat, ob Alzheimer das geschrieben hat oder wo das jetzt herkommt. Ja, und dann mache ich den Artikel in ChatGPT fertig, kopiere das dann in Word, speichere das ab und dann kommt es in E -Mail und dann schicke ich es weg. So arbeite ich. Und das ist wunderbar. Ich kann immer noch meinem Kopf echt in die Lage versetzen, was zu verschriftlichen und die Welt auch daran teilhaben zu lassen. Egal ob das jetzt ein Rechtsanwaltsbrief ist, wenn ich den nicht verstehe, dann ziehe ich den einfach das Dokument in ChatGPT rein und sage „Bitte erklär mir das in leichter Sprache", dann habe ich das, damit ich das verstehe Und dann sag ich dir, schreib mir bitte eine vernünftige Antwort. Eloquent und freundlich. Ja, so helfe ich mir.

Find ich total schön. Und genau, deswegen musste diese Geschichte deine Erfahrungen hier erzählt werden und weitergeteilt. Was mich auch noch interessieren würde, was bei vielen Thema ist und bei uns auch so ein bisschen dieses alleine Unterwegssein. 
Ja, ich liebe es. Meine Kinder nicht, ich liebe es.

Ich kann den Wunsch nach Selbstständigkeit und nach Selbstdingen machen, absolut nachvollziehen. Gleichzeitig geht es mir als Angehörige schon oft so, dass ich Angst habe, dass ich Sorge habe, dass mein Papa sich verläuft, dass er halt sich dann doch überschätzt mit den Kräften. Wie ist das für dich? Hast du da Kniffe, wenn du unterwegs bist und wenn es nicht mehr geht? Fragst du da andere Menschen? Wie funktioniert das für dich?
Erst mal, wenn ich irgendwo schnell hin muss, wenn ich weiß, ich habe einen Termin, also jetzt mit den ganzen medizinischen Sachen habe ich das über die Taxifahrten jetzt gut geregelt. Wenn ich anderweitig irgendwo hin muss, dann frage ich mal meine Pflegehilfe oder ich frage auch mal meinen Sohn, ob er mich dahin fällt. Wenn ich aber etwas habe, wo ich weder Zeitdruck noch in irgendeiner Weise jetzt eine Sache habe, wo ich unbedingt irgendwas schaffen oder machen oder irgendwo hinkommen muss. Aber ich möchte zum Beispiel jetzt nächste Woche ist in Bonn so ein Street Food Ding. Und ich liebe Street Food Märkte. Und dann gucke ich eben in meinem Handy. Ich habe ja viele, viele Jahre Reisen gebucht für mich. Und diese ganzen Medien hier, ich weiß nicht, 40 Apps oder so, das kriege ich immer irgendwie noch hin. Nicht unter Zeitdruck, aber irgendwie. So, dann suche ich mir raus wohin, dann gucke ich mal, wo der Bus fährt, wo der abfährt. Das kann man ja alles sehen in dieser Deutsche Bahn-App. Ich mache jetzt Werbung für die Deutsche Bahn, weil ich muss sagen, ich liebe Mobility -Service. Also, wenn du mit der Deutschen Bahn fährst, dann kannst du da anrufen und kannst sagen, ich habe ein Ticket von A nach B und ich brauche Hilfe und dann kommen die auf den Bahnsteig, die sorgen mich in den Zug, die tut mein Koffer in den Zug, die sind dann da auch informiert, dass da ein Mensch mit einer Einschränkung sitzt und sprechen immer mit mir. Gut in Regionalzügen ist das nicht so, Aber da hast du rechts und links immer Menschen, die du fragen kannst, also ich habe selten, wirklich selten erlebt das und ich frag ständig irgendwie, dass ich keine Hilfe bekommen habe. Manchmal sind die Leute ein bisschen brummelig, vorzugsweise Männer muss ich sagen. Ich weiß nicht, ob das an mir oder an denen liegt.

An denen. Mit Sicherheit.
Die sind manchmal ein bisschen brummelig, die müssen immer so ein bisschen wachgekitzelt werden. Aber wenn ich dann net frage, dann, der Rollator kommt rein, ich werde sozusagen ein bisschen geholfen in die Bahn oder in den Bus und wenn ich dann Koffer hab. Wobei Koffer sind mein echtes Problem, dass mein Damoklesschwert. Ich hab schon ganz viele Koffer unterwegs gelassen, aber ich hab sie alle wieder bekommen. 
Ich hatte mal eine Situation, die muss ich euch noch erzählen. Und zwar war ich irgendwie, ich kann euch nicht mal sagen, warum ich war in Berliner Hauptbahnhof. Berliner Hauptbahnhof hat ganz viele Etagen. Ich war auf der obersten bin ich angekommen, in die untersten musste ich. Ich hatte abends irgendwann 22 Uhr oder so, ich glaube es war von irgendeiner Veranstaltung von Alzheimer, hatte mein Koffer, meinen Rollator und ich und dann saß ich unten auf dieser Ebene und wartete auf meinem Zug, hatte vermeintlich mein Koffer daneben mir stehen und dreh mich um den Koffer weg. Ich war fest der Überzeugung, mein Koffer wäre geklaut worden. Ich bin dann sofort zur Polizeistelle des Berliner Bahnhofs gefahren und habe den Heulend erzählt, wie furchtbar das ist, dass mein Koffer bestohlen worden ist. Die haben dann angefangen, etwas aufzunehmen, was die halt so machen. Und dann habe ich mal meine Tochter angerufen, die wohnt in Berlin, die war nebenan noch im Bundestag, da arbeitet die. Und dann habe ich die angerufen, die „Oh, ich komme sofort rüber." So und dann war meine Tochter kaum da, ich heulend, saß da, mein Koffer weg, ich hatte dummerweise auch noch das Notebook einer Freundin in diesem Koffer. Und dann rief der Dienst an, der immer so Information, Information rief an, bei der Polizei, es wäre doch ein schwarzer Koffer gefunden worden und da wären Zettel dran, Lieselotte Klotz, Alzheimer, bla, bla, bla und so weiter. Und das war mein Koffer. Und dann haben die mich verfolgt, die machen ja immer so Aufnahmen in Berlin, und dann haben die die ganzen Bilder geguckt und ich bin oben in den Aufzug eingestiegen mit Koffer. Ich bin unten ausgestiegen ohne Koffer.

Ach du hast den Koffer einfach stehen gelassen. 
Der hat da geschlafen. Er ist alleine wieder hochgefahren. Ein ganz lieber Mann hat ihn dann zur Information gebracht. Das war mir so peinlich bei der Polizei, aber die waren so lieb, so lieb. Ja, dann habe ich dann bei meiner Tochter geschlafen, weil ich fertig bin, Brötchen. (Lachen) Ja, so viel zu Koffern. In Duisburg habe ich auch schon mal einen stehen gelassen. Ich glaub, sogar in Dortmund. Aber das ist egal, die kommen immer wieder.

Aber der Koffertipp wäre ja demzufolge ein Zettel reinstecken.
Ja, also ich hab mir mal so ein Gummi, weißt du, so Band, ne? Das hab ich festgemacht und dann bin ich mal bei dieses Band gestolpert. Was ich immer vergesse, muss ich sagen, immer. Ich hab so Airbags und dummerweise vergesse ich die immer da rein zu tun. Manche Dinge vergesse ich einfach. Manche Dinge sind, wie sie sind.

Aber sag mal, wenn du dann so von A nach B kommst, sag ich mal, wie findest du dein Weg? Nutzt du dann auch die wunderbare Funktion, die Handys haben? Ohne die wäre ich auch absolut aufgeschmissen? 
Absolut, absolut. Also Google Maps oder manchmal auch mit dem DB-Navigator, wenn ich habe verschiedene Züge oder Bus oder ich muss es umsteigen, dann ist ja im Navigator auch so eine Funktion, wo du sehen kannst, wo du lang fährst, wo du aussteigen musst und wo du gehen musst. Und genau wie Google Maps eigentlich, außerdem und das finde ich richtig beruhigend, meine Kinder haben sozusagen die Möglichkeit, mich jederzeit zu orten. Also ich bin verbunden mit denen, mit allen drei. Und wenn dann irgendwas ist und die wissen ja anhand meines Kalenders, den ich auch freigegeben habe für meine Kinder, das wissen die auch immer, wo ich bin und wenn sie irgendwie das Gefühl haben, okay, da war doch der und der Termin und wo ist er denn jetzt gelangen. Dann rufen die mich an oder wenn ich in Panik bin, muss ich sagen, dann ruf ich meine Kinder an und dann erklären die mir, du musst jetzt da und da, da könnte der Bus sein, da gehst du da rein. Ja, dann belaste ich meine Kinder, das tut mir immer unendlich leid. Ich versuche es so zu vermeiden, indem ich dann lieber Menschen, die da rumlaufen, frage, aber wenn es mir richtig schlecht geht und ich so einen richtigen Lewy-Body-Schub habe, dann rufe ich die Kinder an oder ich hole mir einen Taxi, lass mich nach Hause fahren. Also es gibt immer eine Lösung.

Also aus der Sicht einer Tochter kann ich hier sagen, dass man in solchen Momenten natürlich so ein bisschen im Dreieck springt, aber es eigentlich auch total gut findet, dass Mutter in deinem Fall oder der Vater in meinem Fall, dass der sich daran erinnert hat, bei mir anzurufen, bevor er sich alleine durchwurschtelt und überhaupt nicht mehr weiter weiß. Und ich glaub, das ist ja auch dieses Offenheit und Transparenz in der Familie, höre ich da auch ganz groß raus. So schwer ist es, wie es dir am Anfang gefallen ist, deine Kinder einzubeziehen, aber den Kalender mit ihnen zu teilen, dass sie wissen, wo bist du und dann eben auch im Notfall, wenn es dann mal einfach das Bedarf, dass man dann einfach schneller auch agieren kann. Das ist ja, glaube ich, auch ein ganz wichtiger Rat, den man eigentlich tatsächlich geben kann. Oder was denkst du?
Ich glaube, einmal kann ich bestätigen, dass meine Kinder manchmal im Dreieck springen, weil manchmal hat Nora keine Zeit und dann ruft sie in Tokio an und sagt, Mama ist gerade da und du musst mal helfen. Oder sie ruft Carlo an. Das geht dann manchmal so im Dreieck-System. Ich versuch das nicht zu überspannen. Das ist vielleicht ein, zwei Mal in der Woche, ne? Aber wenn ich mich melde, dann ist es auch wirklich so ein echter Notfall für mich, dass ich einfach total orientierungslos oder mal im Panik gerate oder irgendwas mich vollkommen überrollt hat und ich nicht klarkomme. Und ja, da bin ich dann froh. Irgendeiner hat dann Zeit. Oder sie ruft meine Freundin Conny an, die hilft dann auch. Also es ist ein Netzwerk mittlerweile um mich rum. Und dafür bin ich unfassbar dankbar. Also das ist zum Punkt, den kann man gar nicht hoch genug schätzen, wenn man tatsächlich Freunde hat, die unterstützen und helfen. Neben der professionellen und auch der gesetzlichen Hilfemöglichkeiten, die ich auch wiederum nur jedem empfehlen kann, zu versuchen, alles zu kriegen, was man kriegen kann. Ich habe jetzt übrigens neu kennengelernt und beantragt die persönliche Assistenz. Da habe ich die Kollegen, Kollegen von der EUTB kennengelernt. Und das ist eine Organisation, also die kann ich nur jedem wirklich so liebevoll an die Hand geben, weil die haben mir jetzt auch im Umfeld meines Bruders extrem und schnell geholfen. Das ist eine Organisation, die speziell, wenn es um gesetzliche Dinge geht, die man organisieren kann für Menschen mit Demenz oder auch behinderte Menschen. Ich habe mit der Dame über eine Stunde telefoniert und dann eine Mail bekommen. Ich war wirklich begeistert. Jetzt, wo ich wirklich bereit bin, Hilfe auch anzunehmen, bekomme ich tatsächlich auch Hilfe. Das ist ein ganz tolles Gefühl, weil ich komme mir da nicht vor wie so ein Bittsteller. Die kriegt das alles nicht mehr auf die Reihe. Es ist immer noch ein bisschen schwierig für mich.
Du kennst mich ja.

Leben. Lieben. Pflegen. Wissenswert.
In jeder Folge "Leben. Lieben. Pflegen" gibt's auch die Rubrik "Wissenswert".
Und da stelle ich immer eine Studie vor. Und die hast du bestimmt schon gehört, aber vielleicht so die Zuhörer noch nicht. Deswegen möchte ich Sie heute mal vorstellen. Zwar ist es eine Studie vom Deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen, also DZNE. Und die Studie ist von 2023, jetzt auch nicht so brandaktuell, aber ich finde sie extrem passend zu unserer Folge und sowieso extrem wichtig von der Aussage.
Die haben nämlich untersucht, inwieweit jetzt psychosoziale Faktoren bei der Entstehung und auch beim Verlauf von der Demenzerkrankung beeinflussen und haben da eben Menschen mit Demenz befragt und auch deren Angehörigen, inwieweit sie eben psychosoziale Angebote und wer sich darunter nichts vorstellen kann, dazu gehört zum Beispiel eine Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie, aber auch künstlerische Therapien wie Mal- oder Tanztherapien. Also die haben gefragt, inwieweit Menschen dem eingebunden sind, wie viel sie auch soziale Kontakte haben, wie der Krankheitsverlauf ist, haben sie dann abgefragt und untersucht und wie hoch die Lebensqualität ist.
Und diese Studie kann man im Kurzen so zusammenfassen, dass Menschen, die gut eingebunden sind, die diese Angebote annehmen, einen besseren Krankheitsverlauf haben und einfach auch eine höhere Lebensqualität.

Ja, kann ich zu 100 Prozent unterschreiben? Ich glaube, ich bin damit eines der besten Beispiele tatsächlich. Also seit 2020, nach der tiefen Phase, das sich aus der Gesellschaft gekickt und beruflich nicht mehr gebraucht und wer bin ich noch, was bin ich noch, wie viel von was und warum.
Was kann ich überhaupt noch in meinem Leben? Was darf ich eigentlich noch? Seit 2020 seit ich, wie gesagt, auch aktiv ehrenamtlich in in vielen vielen Organisationen, Mitarbeiter, in denen ich auch gefragt werde, in denen meine Kompetenz auch gewollt und gehört ist. Also alleine das schon, Peggy, was wir jetzt gerade machen, diesen Podcast und das darüber erzählen, wie geht es mir denn eigentlich mit meiner Levy Body Demenz? Das ist schon Teil psychosoziale Therapie, einfach aus der Konstellation heraus, dass ich mich mitgehalten darf, dass ich eine Kompetenz, Respekt empfangen kann für das, was ich tue, so wie ich es tue. Ja, also ich kann sagen, dass es für mich ein Unterschied wie Tag und Nacht ist. Also ich kann nicht glauben, dass ich, wenn ich nicht all diese Dinge über die Jahre hätte machen können, dass es mir so gut emotional gehen würde mit allen Einbrüchen. Also das möchte ich immer wieder erwähnen, auch meine komplette Überforderung im Dezember und dann die Unterstützung auch in der stationären Situation, wo ich dann wieder komplett neu meine Situation ordnen und sortieren musste mit Unterstützung Also ich glaube nicht, dass es mir so gut gehen würde und dass ich auch immer wieder trotz heftigster Einschläge im Leben tatsächlich immer wieder so auf die Beine gekommen wäre, wenn ich nicht alles das Wetter machen dürfen, was ich jetzt so heute machen darf. Das ist für mich lebendige psychosoziale Therapie. Ich liebe es mit Menschen in Mietgruppen auch über die Mensch zu sprechen.
Ich liebe es aber auch in Meet-Gruppen über, sag ich mal, die Blumen oder die Gräser oder über Hunde oder über Spaß. Ja, alles, was so ein Leben ausmacht, kann ich noch machen. Ich liebe es zu singen, ich bin im Kölner Demenzchor mit dabei. Ich finde es wunderbar, wenn sich auch Menschen einfach mal interessieren und bei mir nachfragen.
Also in der deutschen Bahn habe ich immer so, wenn ich da sitze und die Leute kriegen ja mit, ich habe ja so ein Schild um. „Ich habe Demenz, bitte, haben sie etwas Geduld.“ Viele sprechen mich darauf an und dann gibt es wunderbare Gespräche. auch das ist psychosoziale Therapie für mich, weil ich mich wahrgenommen fühle. Und außerdem, ja, ich empfinde es immer so, helfen hilft mir. Und gleichzeitig finde ich einfach, man kann so viele Freude in der Gemeinsamkeit generieren, empfinden und Spaß haben. Also, wenn ich allein denke, ich ein paar Wochen, zweimal auch bei der Ärzte, kann man noch drin wirst fallen. Und da ist ein super Kollege, der Stefan Kleinstück. Ich habe Vorträge halten dürfen, auch erstmals in meinem, sag ich mal, Demenzleben vor einer Ärzteschaft und Pflege, Menschen aus der Pflege. All das, das macht so viel Freude oder all die Veranstaltungen, die wir auch schon gemeinsam miteinander erleben, genießen durften, das ist psychosoziale Therapie, aber das muss und kann für jeden eigentlich nur immer das sein, wo derjenige Freude hat. Also eine Freundin aus dem Beirat, die liebt halt, die ist nicht so extrovertiert wie ich, ja introvertiert und die macht halt ganz andere Sachen, aber die sind genauso wunderbar und toll, die betreut Lamas, Ja, ich glaube nicht. So heißen die Tiere, die so schön aussehen und immer schon lächeln. Lamas, oder? Ja, egal. Oder die ist in künstlerischen Kulturprojekten unterwegs. Jeder, glaube ich, Mensch mit Demenz, aber auch die anderen Zugehörigen, die versuchen Freude, Spaß, Liebe, dieses Wort wird so wenig erwähnt, Kunst, Kultur, Musik, Religiosität, egal, was euch Freude macht, nehmt euch das, was ihr kriegen könnt und genießt das und holt euch Unterstützung, damit ihr Menschen habt, die euch begleiten und für die, die alleine sind, auch da, diese persönliche Assistenz, auch das ist was, was helfen kann, weil die fahren mit euch ins Kino, die fahren mit euch ins Kulturtheater, die bringen euch tatsächlich im Kino auf den richtigen Sitz oder so. Die kümmern sich um den Rollator. Und das sind alles Hürden, die kommen einem im Kopf, wenn man es noch nie gemacht hat, richtig hoch vor. Und wenn man das erlebt hat, dann denkt man, boah, hätte ich das mal früher gewusst. Und das ist grad für mich die Phase, hätte ich das doch früher gewusst.

Ja, ich glaub, also deswegen ist mir diese Studie, ich erwähne sie halt einfach immer gern und denke, die ist in ihrer Aussage so wichtig und letztlich sagt sie ja nicht, du musst diese Therapie machen oder du musst das machen, weil das ist das Beste, das ist, glaube ich, so wie du es sagst, sehr individuell und man darf es ausprobieren und für sich tun, was man mag, aber diese Gemeinsamkeit und diese sozialen Interaktionen, wie die Wissenschaftler sagen, ist halt das Wichtige.

Und wer sich durch auch noch mal genauer anschauen will, die ist ausführlich beschrieben. Den Link findet ihr auch in den Shownotes, die setze ich da natürlich mit rein.


Die Vorurteile und das Stigmata, das so eine Demenz immer umgibt und das Bild ist ja oft noch vorherrscht und es ist stark pflegebedürftige Person, die im Heim lebt. Das sind eigentlich die mit betroffen und du zeigst jetzt ein ganz anderes Bild und das ist ja auch gemäß vielfältig. Aber wie erlebst du das, wenn du auf Menschen triffst, ändert sich da was oder musst du da ganz schön viel, sag ich mal, erst mal zeigen? 
Also es ist sehr, sehr unterschiedlich. Wenn ich einfach mal reflektiere, auch ich hab ja eben erzählt, ich war bei der Ärztekammer, hab diesen Vortrag im Ärzteschaftsumfeld gehalten. Also, da fing die Stigmatisierung schon da an, dass der Stefan mir gesagt hat, du rechne mal damit, dass wenn du da auf der Bühne sitzt und wenn du eine Rede hältst, dass die erste Frage sein wird, kann gar nicht sein, dass Sie eine Demenz haben. Die Frage habe ich übrigens im Kontext von Kongressen oder Veranstaltungen schon sehr oft gehört. Und erstaunlicherweise war es wieder ein älterer Arzt, der sich anschickt und die erste Frage stellt. 
Die Problematik der Stigmatisierung ist in der kompletten Gesellschaft vorhanden. Und die fängt tatsächlich bei den Ärzten an, die geht über die Pflege, die geht über auch immer noch über Organisationen. Die ist vor allen Dingen aber in unserer Gesellschaft in der Form sehr verhaftet, dass das mediale Bild von Demenz, also das, was ich über Demenz sehe und das, was ich in der Vergangenheit in meinem Umfeld, wenn sie denn nicht direkt mit Demenz betroffen oder wenn die Leute da nichts mit zu tun haben, sehr in die Richtung der klassischen Alters-Demenz -Bilder geht, in die klassische, ganz stark geschädigt, nicht mehr fähig, nicht mehr kommunikationsfähig, wenig aktiv, wenig, sag ich mal, mitten im Leben. 
Seit ungefähr drei Jahren erlebe ich auch durch unsere Öffentlichkeitsarbeit der Betroffenen Ebene, dass sich das ein wenig verändert, weil das Bild auch der Jungbetroffenen, also der Menschen, die von Demenz vor dem 65. Lebensjahr betroffen sind, wie ich das für bin, dass ich das so langsam auch ein bisschen in die Medienwelt einschleicht. Es ist aber noch nicht wirklich in den Köpfen ganz, ganz vieler Menschen angekommen, deswegen ist die Arbeit, die wir da leisten gemeinsam und das ist für uns auch das, warum ich so dankbar bin, dass du Peggy und die Teams um dich herum und auch alle anderen, die Podcasts und Filme über uns machen, dass man einfach realisiert, dass es ja auch, wie bei jeder anderen Erkrankung, eine frühe Phase, eine mittlere Phase und eine späte Phase gibt. Und die späte Phase ist sicherlich mit Pflege, mit sehr viel körperlichem Rückfall und körperlicher Einschränkung und auch Leiden ummantelt, aber das ist nicht alles von dem Mensch, sondern eben die anderen Phasen sind ganz anders. Die sind so wie ich bin jetzt, die sind wie meine Kollegen sind, die sind auch durchaus von Menschen, die natürlich dann lieber zu Hause sind und eigentlich nur versuchen, ihr Familie nehmen, solange wie möglich positiv zu leben.
Jeder sollte immer frei sein, das zu tun, was für ihn wichtig ist und die einen reden offen über dem Mensch wie ich, weil ich würde mich verknoten, wenn ich nicht darüber reden führe. Ich kann nicht lügen und sagen, alles ist gut und in Wirklichkeit ist alles schwierig und auf der anderen Seite gibt es natürlich Menschen und vor allen Dingen muss ich sagen viele viele Angehörige, die schämen, die Angst, die ein Stück weit ja ich Ich weiß nicht, wie ich es umschreiben soll. Ich glaube, es ist dieses Schamgefühl, die einfach nicht sagen wollen, mein Mann, meine Frau, meine Tochter, mein Sohn, mein Angehöriger, mein Freund hat Demenz. Demenz ist sehr, sehr stark mit Angst behaftet, weil es eben eine Erkrankung ist, die auch aus meiner Sicht das wichtigste Organ betrifft, weil man eben viel von seiner Eigenständigkeit, Selbstständigkeit, seinem sein, seine Persönlichkeit über die Jahre verliert. Und das ist schwer zu ertragen und schwer dabei zuzusehen. Und das macht eben diese Stigmatisierung. Aber ich glaube, sich versaut auch gleichzeitig eine ganze Menge Zeit, wo man gute Zeiten hat,
wunderbare Lebenssituation erleben könnte, Freude miteinander haben könnte. Ja, und da müsste noch viel mehr Aufklärung gemacht werden und das über alle Gesellschaftsschichten. Also ich nehme da die Ärzte nicht raus, ich nehme auch, sage ich mal, viele Organisationen nicht raus, weil einfach diese neue Herangehensweise, so wie wir ja jetzt, auch versuchen, als Betroffene für betroffene Menschen da zu sein. Wir starten jetzt nächste Woche mit dem DZNE Frau Prof. Rös in Witten ein neues Projekt zu einem Thema mit Forschendem-DZNE.
Und das sind alles Sachen, die bringen uns, mir, als Betroffene, ganz, ganz viel. Und ich hoffe, dass wir dadurch anderen Betroffenen Mut machen können. Ihr braucht euch nicht aufs Sofa zu setzen und da sage ich mal in Einsamkeit dahin sichern oder traurig sein, Depressionen bekommen. Wenn ihr wollt, kommt raus, sprecht uns an. Es gibt so viele, sag ich mal, mittlerweile Anlaufstellen oder ruft mich an oder ruft die Peggy an.
Dann gibt es über eine Selbsthilfegruppe für Betroffene, für Angehörige, für Jugendbetroffene, für junge Erwachsene, die, sag ich mal, Eltern haben mit einer demenziellen Erkrankung, Desideria, ja, Alzheimer Gesellschaften. Also, So viel Hilfe ist da, schaut euch um und lasst euch helfen. Lasst euch das Leben nicht versauen. Die Phase kommt früh genug. Und die ist richtig schwer. Ja, das hab ich erlebt. Das weiß ich, das kostet alle Kraft der Welt. Aber die Phasen jetzt, die können gelebt, die können genossen, die können auch manchmal verflucht werden. Manche Tage sind einfach schlecht. Aber manchmal erlaube ich mir auch einfach nur auf meiner Couch mit meinem Hund zu legen und zu sagen, "Heute brauchst du nicht rauszugehen, alles ist gut. Heute geht es für dich gut, also genießt die Couch." Also schläft sich glücklich auch auf der Couch. Ja, ich wollte dich eigentlich noch fragen, was du anderen mitgibst. Aber du hast es eigentlich schon perfekt auf den Punkt gebracht.

Also, ich höre da ganz stark raus, offen sein, auf auf andere zugehen und sich Hilfe suchen, Unterstützung holen, ist kein Makel oder kein Zeichen von Schwäche, sondern dadurch klappt es erst recht oder dadurch klappt es viel besser, als wenn man versuchen würde, irgendeinen Schein zu wahren, den es vielleicht nicht gibt und da alleine so durchzuwurschteln.
In diesem Sinne möchte ich dir sehr, sehr danken, Lilo, dass du uns mitgenommen hast in deinem Alltag, auch in deiner Reise und Erfahrung als pflegende Angehöriger war auch als Person, die eben selber die Diagnose Demenz bekommen hat.

Zum Abschied möchte ich euch noch ein paar Angebote und News von Desideria vorstellen. Desideria ist ein Verein, der sich für Angehörig von Menschen mit Demenz ansetzt, und zwar mit unterschiedlichen Angeboten zum Beispiel, Angehörigen, Seminaren, Gruppen und individuellen Coachings.
Und relativ neu ist der Leitfaden Denk auch an dich. Das ist ein praktisches Ringbuch, in dem es zum einen viele Informationen zur Erkrankung, aber auch zu rechtlichen und finanziellen Aspekten gibt. Außerdem gibt es der Erfahrungsberichte von Angehörigen. Ihr findet hilfreiche Checklisten, Übungen zum Nachmachen und auch die wichtigsten Adressen und Anlaufstellen. Der Leitfaden wurde vom Desideria-Team erstellt und er zeigt ihm konkret, was ihr tun könnt und macht auch Mut, finde ich. Den könnt ihr direkt über Desideria bestellen, kostet da 26,90 Euro und für Mitglieder gibt es einen Rabatt.
Und außerdem noch zwei Veranstaltungen, die demnächst anstehen. Am 26. Juni gibt es einen Impuls-Workshop zum Thema Biografiearbeit, da gibt es Anregung für kreative Methoden, um positive Erinnerungen zu wecken. 
Am 24. Juli gibt es einen Workshop zum Thema Selbstfürsorge. Da wird Nan Mellinger eine Coaching-Alltagsübung zur Selbstfürsorge und Stressregulation vorstellen.
Also finde ich zwar ziemlich spannende und wichtige Themen. Die Links-Infos findet ihr wie immer in den Shownote.

Auch an dieser Stelle noch mal den Dank an unseren Kooperationspartner dieser Folge, die Landhausküche von Appetito. Der Mahlzeitendienst versorgt euch oder euren Angehörigen täglich mit einer heißen Mittagsmahlzeit. Dazu sind zahlreiche Services wie zum Beispiel ein Schlüssel -Service inklusive.
Die Landhausküche ist also mehr als nur eine Mahlzeit. Sie schafft Sorgenfreiheit. Mehr Infos und den Rabatt -Code, die sie dir erzählen, über 10 Euro für Neukunden, findet ihr in den Shownotes.

Und dann war es das auch schon mit dieser Folge "Leben. Lieben. Pflegen". 
Vielen Dank, Lilo, dass du mein Gast warst und vielen Dank fürs Teilen, ja, deine Erfahrungen.

Ganz herzlichen Dank, danke dir und alles, alles Liebe euch allen, tschau, Liebe, Leben, lächeln. Desideria.

Empfehlt diesen Podcast gerne weiter. Alle Folgen und Informationen findet ihr in den Shownotes auf lebenliebenpflegen.de und auf Instagram unter desideria.ev.
 

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